Braunschweig/Chemnitz. Nicholas Tischler und Co. kämpfen sich in Chemnitz nach 18 Punkten Rückstand ran, doch es reicht nicht. Und Hamburg spielt nicht mit.

Der inkonstante Auftritt in Chemnitz – ein Spiegelbild der Saison. So bezeichnete ihn Co-Kapitän Nicholas Tischler am Mittwoch nach der 68:82 (37:50)-Niederlage seiner Braunschweigs Basketballer treffend. Und passend dazu kam einen Tag später die traurige Bestätigung, dass es knapp nichts wird mit dem erhofften Platz in den BBL-Play-ins. Denn durch den Sieg des Rivalen Hamburg am Donnerstag bei Absteiger Tübingen können die Löwen Rang zehn auch rechnerisch nicht mehr erobern.

„Es war viel zu einfach, wie Chemnitz in der ersten Hälfte gepunktet hat, das hat uns das Genick gebrochen“, kommentierte Tischler bei Dyn die 50 Punkte des Europe-Cup-Siegers.

Pech für die Löwen: Glücksbringer Dennis Schröder steckt im Stau

Und es war nicht nur das Pech, dass der Glücksbringer im Stau steckte. NBA-Star und Löwen-Gesellschafter Dennis Schröder, vor dessen Augen das Team bislang immer gewonnen hatte, kam verkehrsbedingt erst zur Halbzeit in der Messehalle an. Und da hatten sich seine Löwen bereits ziemlich die Butter vom Brot nehmen lassen.

Kaum war der Weltmeister-Kapitän vor Ort, ging es tatsächlich aufwärts. Die Braunschweiger kämpften sich aus zwischenzeitlich 18 Punkten Rückstand (42:24, 15.) sowohl im dritten (54:49, 25.) als auch im vierten Viertel (71:66) auf fünf Punkte heran. „Unser zweite Halbzeit war sehr gut“, urteilte Tischler.

Nur die halbe Löwen-Mannschaft fightet entschlossen um den Sieg

Tatsächlich durften er und seine Mitstreiter immer die Hoffnung haben, noch die Wende zu schaffen. Denn Chemnitz war personell geschwächt und wirkte nicht unverwundbar.

Spiel Highlights zu NINERS Chemnitz - Basketball Löwen Braunschweig (1)

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    Aber für den ganz großen Endspurt fehlte den Löwen letztlich die spielerische Substanz. Denn in diesem wichtigen Duell, mit dem sie ihre Siegesserie ausbauen wollten, fightete nur die halbe Mannschaft entschlossen und ernsthaft um den Sieg.

    Kreativabteilung weggebrochen: zu viele Ausfälle bei Braunschweigs Guards

    Allen voran Nicholas Tischler und sein Bruder Brandon. Die Zwillinge gingen mit riesigem Kämpferherz beeindruckend voran, übernahmen viel Verantwortung und zeigten vorne wie hinten den Biss, der nötig war, um dem Spitzenteam Paroli zu bieten. Dazu kam Center Jilson Bango, obwohl er von den Chemnitzern so gut abgeschirmt und vom Korb ferngehalten wurde wie schon lange nicht mehr. Und auch Spielmacher Barra Njie gefiel, der lange 34 Minuten spielte, weil alle anderen Guards der Löwen aus unterschiedlichen Gründen praktisch ausfielen. Er verwandelte diesmal sogar alle Freiwürfe, wurde mit 15 Punkten vor Nico Tischler (14) Topscorer und von den Fans zum Spieler des Tages gewählt.

    Löwen-Gesellschafter Dennis Schröder nach der Partie im Gespräch mit Ex-Löwe DeAndre Lansdowne, der die Chemnitzer mit dem Sieg zum Viertelfinal-heimrecht geführt hatte.
    Löwen-Gesellschafter Dennis Schröder nach der Partie im Gespräch mit Ex-Löwe DeAndre Lansdowne, der die Chemnitzer mit dem Sieg zum Viertelfinal-heimrecht geführt hatte. © IMAGO/Alexander Trienitz | IMAGO/Alexander Trienitz

    Das Problem: Diese Vier und auch Amar Sylla, der lange mit ihnen auf dem Feld war, sind tolle Athleten und Verteidiger, aber keine stabilen Werfer von außen. Und schon gar nicht, wenn sie nicht gut freigespielt werden, sondern etwas erzwingen müssen. Und so fiel den Chemnitzern ihre Defensivarbeit relativ leicht. Sie konnten vorrangig unter dem Korb dicht machen und Braunschweiger Abspielfehler oder Fehlwürfe zu 16 leichten Punkten per Schnellangriff nutzen.

    Schlechte Schützen müssen werfen - gefundenes Fressen für Chemnitz Niners

    Bei den Löwen stimmte einfach die Balance nicht, weil die Kreativabteilung weggebrochen war. Ferdinand Zylka konnte wegen seiner Gehirnerschütterung immer noch nicht spielen. Der uninspirierte Auftritt von Regisseur Ahmaad Rorie war eine glatte Sechs, denn sechs Ballverluste durch fahrige „Telefonpässe“ und nichts Positives gingen auf seine Kappe. TJ Crockett kassierte nach nur sieben Einsatzminuten drei Fouls, musste lange auf die Bank und konnte danach keine Impulse mehr setzen. Und Kapitän Martin Peterka, der vierte gute Schütze, versteckte sich zu oft, statt entschieden den Ball zu fordern.

    So nahmen Nico Tischler, der auch mit im Aufbau helfen musste, Brandon Tischler, Njie und Sylla 44 der 66 Würfe des Teams, wo sonst Rorie, Crockett, Zylka und Bango die eifrigsten Werfer sind. Das war sicherlich ein Erfolg der klugen und sehr physischen Chemnitzer Verteidigung, aber eben auch hausgemacht. So brauchten die Löwen sich nicht zu wundern, dass es nur zu einer Trefferquote von 39 Prozent reichte.

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    „Ich bin stolz, dass wir trotz eines zwischenzeitlich höheren Rückstandes nie aufgegeben und uns im letzten Viertel noch einmal herangekämpft haben“, resümierte Ramírez dennoch zu Recht.

    In einem Spiel, in dem die Braunschweiger das Reboundduell klar verloren, waren wilde Läufe zu erleben. Zunächst schenkten sie eine 20:16-Führung durch einen 4:26-Lauf her und lagen plötzlich 24:42 zurück. „Die Intensität, Geschwindigkeit und Entscheidungsfindung der Chemnitzer sind absolut top“, benannte Ramírez, was die Gastgeber seinem Team in dieser Phase voraus hatten, das nach einer kleinen Aufholjagd nach der Halbzeit nochmal um 17 Punkte zurückfiel (37:54), ehe eine 12:0-Serie gelang.

    Nur fünf Punkte Rückstand kurz vor Schluss, aber Braunschweig macht Fehler

    Chemnitz wirkte angeschlagen. Topscorer Kevin Yebo konnte gar nicht mitwirken, Spielmacher Kaza Kajami-Keane (17.) fiel verletzt aus, Aher Uguak musste nach zwei unsportlichen Fouls in die Kabine. Einen 58:69-Rückstand verkürzte die oben genannte defensivstärkste Löwen-Formation dank einiger Ballgewinne vier Minuten vor Schluss auf 66:71 und witterte ihre Chance.

    Aber letztlich waren die Braunschweiger eindeutig zu offensivschwach für eine Wende. Ex-Löwe DeAndre Lansdowne und seine übrigen fünf Mitspieler sammelten in einer Auszeit nochmal die letzten Kräfte und brachten die Partie mit ihrer Klasse und internationalen Erfahrung sowie drei Dreiern doch noch souverän über die Bühne.

    Sonntag kommt Meister Ulm zum Saisonabschluss in die VW-Halle

    „Für solche Spiele bräuchte es schon von allen Spielern eine Topleistung“, betonte Ramírez mit Verweis auf seine ohne Sananda Fru und Zylka dezimierte Rotation. Nun hofft der Spanier, im Heimspiel gegen den deutschen Meister Ulm nochmal die Kräfte bündeln zu können. „Wenn wir komplett sind, ist ein Sieg möglich“, sagt er zuversichtlich. Um Rang zehn geht es dann nicht mehr, aber um einen positiven Saisonabschluss. Und der wäre ja passend zu den Leistungsamplituden der Löwen.

    Spiel kompakt

    Niners Chemnitz – Löwen Braunschweig 82:68 (50:37)

    Viertel: 22:20, 28:17, 13:19, 19:12.

    Löwen: Njie 15 (38%, 5/5 Freiwürfe, 4 Assists, 5 Ballverluste), Nicholas Tischler 14 (38%, 2/5 Dreier, 8 Rebounds, 2 Assists), Bango 12 (86%, 0/3 Freiwürfe, 4 Rebounds, 2 Ballgewinne), Brandon Tischler 11 (30%, 3 Rebounds, 2 Assists, 2 Ballgewinne), Sylla 8 (50%, 4 Rebounds, 2 Ballgewinne), Crockett 4, Peterka 2 (1/5 Würfe, 2 Ballgewinne), Rorie (1/5 Würfe, 5 Ballverluste), Aydinoglu.

    Chemnitz: Krubally 18 (100 %), Lansdowne 14, Garrett 13 (9 Rebounds), van Beck 10, Uguak 8, Kajami-Keane 7 (5 Assists), Richter 6, Lockhart 6.

    Trefferquoten: 32/60 (53%) : 26/66 (39%) Feldwürfe, 5/23 (22%) : 3/18 (17%) Dreier, 13/18 (72%) : 13/20 (65%) Freiwürfe.

    Rebounds: 42 (davon 10 offensiv) : 29 (9)

    Ballverluste: 17:12

    Ballgewinne: 6:10

    Assists: 18:12

    Zuschauer: 4392

    Löwen Braunschweig - Ulm, Sonntag, 15.30 Uhr, VW-Halle