Braunschweig. „Es ist das Business“: Der Weltmeister-Kapitän aus Braunschweig muss in der NBA erneut kurzfristig umziehen - sportlich wenig Gewinn.

Eigentlich war er gekommen, um zu bleiben. Doch nun muss Basketball-Weltmeister Dennis Schröder innerhalb der NBA erneut über Nacht das Team wechseln. Die Toronto Raptors tauschten den Braunschweiger kurz vor Ablauf der Wechselfrist am Donnerstagabend gegen Spencer Dinwiddie von den Brooklyn Nets. Der Braunschweiger bestätigte entsprechende Berichte von US-Medien gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die Nets hätten „gute Spieler, mit denen man spielen kann“, sagte der 30-Jährige. Unter anderem die US-Nationalspieler Mikael Bridges und Cam Thomas, die bei der WM im Halbfinale mit den USA gegen Deutschland verloren hatten. „Ich hoffe, dass sie nicht allzu sauer sind auf mich wegen der WM“, scherzte Schröder.

Doch das klingt ein bisschen nach guter Miene zum bösen Spiel. Die Brooklyn Nets stehen nicht viel besser da als die Toronto Raptors. Brooklyn ist im Osten mit 20 Siegen und 30 Niederlagen Elfter, Toronto (18:33) Zwölfter. Im Rennen um einen Pre-Play-off-Platz stehen die Aussichten also nur ein klein bisschen besser. Es bräuchte eine Siegesserie, um die zwei Siege besseren Atlanta Hawks zu überholen, doch die Nets haben 15 ihrer vergangen 20 Spiele verloren. Schröders Traum von einer starken Rolle im Meisterschaftskampf dürfte auch in dieser Saison wieder platzen. Er könnte allerdings seine Starter-Rolle wiederbekommen, wenn er in Brooklyn die Position von Dinwiddie übernehmen kann.

Dennis Schröders Traum von einer NBA-Führungsrolle wieder geplatzt

Dabei hatte der Braunschweiger nach dem WM-Triumph und der Auszeichnung zum wertvollsten Spieler der Titelkämpfe im Sommer eigentlich gehofft, in Toronto mal ein NBA-Team zum Erfolg führen zu können - wie zuvor das deutsche Nationalteam. Schließlich hatte er einen mit rund 26 Millionen Dollar gut dotierten Zweijahresvertrag unterzeichnet. Nach unruhigen Jahren mit Kurzzeitverträgen an mehreren Stationen wollte Braunschweigs Basketball-Star unter der Regie des neuen Headcoaches Darko Rajaković, den er seit gemeinsamen Zeiten bei Oklahoma City Thunder kannte, zur Ruhe kommen und in einer Anführer-Rolle aufblühen.

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Es ließ sich auch gut an. Schröder spielte in den ersten Monaten so stark wie lange nicht. Doch das Team war nicht gut genug besetzt. Und weil die Erfolge ausblieben, begann die kanadische Franchise schon seit dem Jahreswechsel, die Mannschaft Stück für Stück umzubauen. Die Play-off-Plätze waren außer Sicht geraten, man baute nicht mehr uneingeschränkt auf Regisseur Schröder. Ihm wurde in Immanuel Quickley, ein 24-Jähriger von den New York Knicks, ein jüngerer Pointguard als Starter vor die Nase gesetzt, er spielte nur noch selten mehr als 30 Minuten, seine Werte sanken auf 13,7 Punkte und 6,1 Assists pro Partie.

Ausverkauf der Stars bei den Toronto Raptors

Zudem wurden die Stars und Punktegaranten O.G. Anunoby (15,1 Punkte im Schnitt zu den New York Knicks) und Pascal Siakam (22 Punkte, zu den Indiana Pacers) getradet, um einen Neuaufbau zu starten. Das Ziel: dafür attraktive Auswahlpositionen bei den Drafts der nächsten Jahre zu bekommen, bei denen die stärksten Talente nach einer bestimmten Reihenfolge ausgewählt werden dürfen.

Schröder musste sich in den vergangenen Wochen wohl oder übel mit dem Gedanken anfreunden, dass auch er noch eingetauscht werden könnte, er ist in seiner elften NBA-Saison Realist. „Ich weiß, dass das ein Business ist hier in der NBA, mein Gehalt ändert sich nicht, ich bin vielleicht in einer anderen Stadt, aber ich kann meine Familie zu mir holen, die bezahlen für die ganzen Reisen – das ist ein Luxusproblem“, hatte er der DPA schon vor einigen Wochen gesagt.

Über Nacht das Team wechseln - das kennt der Braunschweiger schon von 2022

Schließlich kennt der Gesellschafter der Basketball Löwen Braunschweig das Spiel auch schon von 2022. Damals wurde er noch später am letzten möglichen Trade-Tag und für ihn völlig überraschend vom Spitzenteam Boston Celtics zu den erfolglosen Houston Rockets verschoben. Dafür durfte sein Nationalmannschaftskollege und Freund aus Braunschweiger Tagen, Daniel Theis, den umgekehrten Weg fliegen und später mit seinem Ex-Klub Celtics im Finale um die Meisterschaft spielen. Für Schröder kam es noch schlimmer. Nach wenigen Spielen ließen die Rockets ihn und andere erfahrene Spieler auf der Bank schmoren und verloren absichtlich, um als schlechtestes Team für die Folgesaison die besten Spieler verpflichten zu können.

Nun muss er mit seiner Familie, Ehefrau Ellen und den drei Kindern, sowie seinem Umfeld 800 Kilometer weiter Richtung Südosten nach New York ziehen und sich wieder in eine neue Mannschaft einfinden. Wäre das mit einer Titelchance verbunden, würde der ehrgeizige Deutsche sichterlich freudiger den Standort wechseln.

Aber wer weiß, vielleicht läuft es besser für ihn in Brooklyn, vielleicht „klickt“ es für den Braunschweiger mit Team und Trainer besser. Denn die vergangenen Wochen in Toronto waren nicht mehr sehr erfolgreich und sicher auch nicht sonderlich freudvoll. Die Raptors sparen durch den Trade Gehalt, Dinwiddlies Kontrakt läuft im Sommer aus, und Schröders Millionen müssen die Nets weiterbezahlen.

Sie sind Schröders siebtes Team in der NBA. Seine Karriere hatte er nach seinem Bundesliga-Durchbruch in Braunschweig als 19-Jähriger bei den Atlanta Hawks. Danach spielte er für die Oklahoma City Thunder, die Los Angeles Lakers, die Boston Celtics, die Houston Rockets, erneut für die Lakers und seit Beginn der Saison für die Toronto Raptors in Kanada.