London. Der schnellste Mann der Welt beendet mit der WM seine Karriere. Die anderen Stars stehen in seinem Schatten.

Die Leichtathletik-WM in London ist das größte Sportereignis des Jahres. Der lokale Held ist Mo Farah, die meiste Aufmerksamkeit wird Superstar Usain Bolt auf sich ziehen, weil er seinen Abschied nimmt. Es gibt aber auch viele andere Stars. Wir stellen sie vor, mit ihren Leistungen und mit kleinen Geschichten. In alphabetischer Reihenfolge, auch hier steht Bolt ganz oben.

Usain Bolt : Der Jamaikaner überstrahlt seit seinem Doppel-Olympiasieg 2008 in Peking alles in der Leichtathletik. Jetzt ist der 30-Jährige, der die Fans mit seinen Rekorden und seiner Show begeisterte, müde. Noch einmal will er aber die 100 Meter gewinnen und mit der Staffel Gold holen. Ein letztes Mal will er mit dem imaginären Bogen einen Pfeil in den Himmel schießen – und dann ab aufs Altenteil. Geld wird er auch in Zukunft in Mengen verdienen.

Tirunesh Dibaba: Die 32-jährige Äthiopierin ist die bekannteste Leichtathletin Afrikas. Die dreimalige Olympiasiegerin und fünffache Weltmeisterin kommt aus Bekoji, einer Kleinstadt in 3000 Metern Höhe mit weniger als 20000 Einwohnern 270 Kilometer südlich von Addis Abeba. In Relation zur Einwohnerzahl hat sie weit mehr Weltklasseläufer hervorgebracht als jede andere Stadt auf dieser Welt. Und Dibabas gibt es bei der WM gleich zwei. Neben Tirunesh, die über 10000 Meter startet, ist die jüngere Schwester Genzebe Dibaba über 1500 Meter am Start. Als Favoritin.

Allyson Felix: Die US-Amerikanerin ist die erfolgreichste Leichtathletin der Geschichte. Ihr Medaillenschrank ist bis oben voll. Ihre Bilanz bei Olympia: sechsmal Gold, dreimal Silber. Bei der WM: neunmal Gold, dreimal Silber, einmal Bronze. Und es ist kein Ende in Sicht: In London wird sie die 400 Meter und die Staffel laufen. „Mir macht das Laufen einfach Spaß”, sagt sie. „Ich mache weiter bis Tokio.” Schlechte Nachrichten für die Konkurrenz.

Renaud Lavillenie . „Willkommen in unserer Welt”. Mit diesen Worten gab Stabhochspringer Renaud Lavillenie die Geburt seiner Tochter Iris kurz vor der WM bekannt. Ihr will er ein goldenes Geschenk mitbringen. An London hat der Franzose sehr gute Erinnerungen: Hier wurde er Olympiasieger. Zuletzt schwächelte der 30-Jährige, der in seiner Heimat ein Superstar ist, ein wenig, aber vielleicht war er auch nur durch die bevorstehende Geburt abgelenkt.

Luvo Manyonga . Der 26-Jährige gilt nach seinem Satz auf 8,62 Meter als der Top-Favorit im Weitsprung: Afrika-Rekord, der weiteste Sprung überhaupt seit 2009. Der Südafrikaner bestritt von 2012 bis 2016 keine Wettkämpfe. Crystal Meth wurde in seinem Urin gefunden. Manyonga, der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, wurde gesperrt und rutschte immer wieder in den Drogensumpf ab. Ein irischer Auswanderer, der Straßenfeger John McGrath half ihm beim Weg zurück in ein gesundes Leben. Weg mit dem Stoff, aber Stoff genug für einen Roman.

Wayde van Niekerk : Der Südafrikaner ist weltweit der einzige Sprinter, der 100 Meter unter 10 Sekunden (9,94), 200 Meter unter 20 (19,84), 300 Meter unter 31 (30,81) und 400 Meter unter 44 (43,03) läuft. In London will er als erster Athlet seit Michael Johnson bei den Olympia 1996 das Double über 200 und 400 Meter schaffen. Der 25-Jährige gilt als Nachfolger von Usain Bolt. Seine Leistungen stimmen, aber im Gegensatz zum Jamaikaner ist der Südafrikaner eher ein stiller Typ.

Caster Semenya : Keine andere Leichtathletin hat in den letzten Jahren für soviel Gesprächsstoff gesorgt. Ist sie eine Frau, ist sie intersexuell? Zeitweise war die Diskussion unwürdig, und die Südafrikanerin bekam Depressionen. Tatsache ist, die 26-jährige Olympiasiegerin von 2012 und 2016 über 800 Meter hat einen höheren Testosteronwert als Frauen allgemein. Zeitweise gab es sogar die Bestimmung, diesen Wert mit Hilfe von Hormonspritzen zu senken. Semenya ist seit zwei Jahren unbesiegt über 800 Meter. In London will sie 1500 Meter laufen.

Elaine Thompson: Die Jamaikanerin ist die schnellste Frau der Welt, steht allerdings im Schatten der Lichtgestalt Bolt. Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen 2016, bei denen sie die 100 und 200 Meter gewann, wird sich die 25-Jährige in London auf die 100 Meter konzentrieren.

Anita Wlodarczyk : Olympiasiegerin 2012 und 2016, Weltmeisterin 2015, Weltrekordlerin: Die Polin zeigt der Konkurrenz seit Jahren, wo der Hammer hängt. Die 95 Kilo schwere, 1,78 Meter große Hammerwerferin trägt den Handschuh einer Toten. Ihr Vorbild, Kamila Skolimowska, Olympiasiegerin von 2000, starb 2009 an einem Blutgerinnsel. Skolimowskas Vater Robert übergab Wlodarczyk 2012 bei der Rückkehr aus London 77 Rosen. Eine für jeden Meter, den sie geworfen hatte.