Braunschweig. Bei den Sparkassen Open avanciert der 17-Jährige mit tollem Tennis zum Publikumsliebling. Im Halbfinale trifft er auf den Ungarn Fucsovics.

„Unglaublich, sensationell, der Wahnsinn.“ Die Zuschauer beim ATP-Challenger-Turnier in Braunschweig waren auf der Suche nach dem passenden Ausdruck, für das, was sie zuvor gesehen hatten. In einem packenden, an Spannung und Dramatik kaum zu überbietenden Viertelfinale hatte gerade der für Spanien spielende Nicola Kuhn den Slowaken Jozef Kovalik mit 7:6, 5:7, 7:6 niedergerungen. 2:43 dauerte das hochklassige Match, in dem beide Kontrahenten bis an die Grenze ihrer Kräfte gingen.

Dabei hatte kaum noch ein Zuschauer im dritten Satz einen Cent auf einen Erfolg des 17 Jahre alten Qualifikanten gesetzt. Mit 4:0 führte der bärenstarke Kovalik, und es schien nur eine Frage von Minuten, bis der Slowake Platz 11 im Bürgerpark als Sieger verlassen würde.

Doch der von Krämpfen geplagte, nach einem Hechtball am Knie blutende Kuhn zeigte eine herausragende kämpferische und spielerische Leistung, pushte sich, riss die Zuschauer mit tollen Aktionen mit. Er holte laut umjubelt Spiel um Spiel auf und gewann im Tiebreak mit 8:6. Die Zuschauer, die sich auf der kleinen Sitztribüne und rund um den Nebenplatz drängten, auf Bänken und teilweise oben auf der Osttribüne des Centre Courts standen und dem dort laufenden Spiel den Rücken zukehrten, waren aus dem Häuschen.

Überglücklich, aber völlig erschöpft genoss Nicola Kuhn seinen Triumph. „Was nutzt es, wenn ich alleine spiele“, antwortete der jüngste Spieler der Sparkassen Open 2017 auf die Fragen, ob er immer mit Gesten und rudernden Armen die Unterstützung der Zuschauer fordere. Auf die kann der zum Publikumsliebling avancierte Nicola Kuhn in Braunschweig weiter bauen.

Erstmals in seiner noch jungen Karriere hat er das Halbfinale eines Challenger Turniers erreicht. „Ich bin total glücklich, aber platt“, sagte er. Für ihn sei es völlig ungewohnt an einem Tag zwei Matches auf so hohem Niveau zu spielen. „Jetzt müssen wir ihn irgendwie wieder fit kriegen“, sagte sein Coach und machte sich auf die Suche nach ganz viel Eis und einer Tonne.

Die Leistung des in Alicante lebenden jungen Mannes ist umso höher einzuschätzen, weil er nur wenige Stunden zuvor im Viertelfinale den im Turnier an Nummer vier gesetzten Argentinier Carlos Berlocq, immerhin die Nummer 80 der Weltrangliste und damit 421 Plätze vor Kuhn, mit 6:4 und 7:5 ausgeschaltet hatte. Schon da hatte Kuhn eine außergewöhnliche Vorstellung geboten und dem hohen Favoriten einen tollen Kampf geliefert. Eine Leistungssteigerung schien kaum mehr möglich. Doch dann folgte das Viertelfinale, das so schnell keiner, der es mitverfolgte, vergessen wird.

In der Vorschlussrunde der mit 127 000 Euro Preisgeld dotierten Sparkassen Open ist heute Nachmittag Marton Fucsovics der Gegner von Kuhn. Der Ungar hatte zuvor Cedrik-Marcel Stebe 6:1 und 6:4 bezwungen. Mit dem Kempener Oscar Otte steht ein Spieler des Deutschen Tennis Bundes im Halbfinale. Er besiegte den Polen Jerzy Janowicz in drei Sätzen mit 4:6, 7:5, 6:4.

Im Achtelfinale hatte sich der 23-Jährige gegen Maximilian Marterer mit 6:2, 3:6, 6:2 durchgesetzt. „Maxi und ich kennen uns seit Jahren, deshalb kann ich mich über den Sieg gar nicht richtig freuen“, sagte Otte nach dem Achtelfinale. Er trifft an diesem Freitag im zweiten Halbfinale auf den Kroaten Viktor Galovic , der sich gegen Yannick Maden mit 6:3, 6:3 durchsetzte, Der Stuttgarter hatte zuvor 6:3, 7:5 gegen den Franzosen Axel Michon gesiegt.