Krakau. Die deutsche U 21 verliert gegen Italien 0:1, erreicht aber dennoch das EM-Halbfinale. Die Slowaken reden von Schiebung. „Das war eine Schande“, schimpft Trainer Hapal.

Stefan Kuntz ließ enttäuscht die Schultern hängen, seine Spieler schlurften in Richtung Teambus: Wie Titelanwärter sahen die deutschen U-21-Fußballer nach dem Einzug in das EM-Halbfinale nicht gerade aus. Erst mit etwas Abstand zum dürftigen 0:1 (0:1) gegen Italien hellten sich die Mienen wieder auf. „Das macht mir jetzt keiner schlecht: Das war ein Riesenerfolg für die Truppe“, sagte Kuntz und freute sich dann doch auf das Topspiel gegen England am Dienstag (18 Uhr/ARD).

Grund zur Freude hatte Kuntz allemal. Erst zum vierten Mal steht eine deutsche U 21 in einem EM-Halbfinale, die Art und Weise stimmte allerdings nachdenklich. Nach dem 0:1 durch Federico Bernardeschi (31.) fiel das Team zeitweise auseinander und hatte am Ende auch eine gehörige Portion Glück. „Wir haben es mit einem kleinen blauen Auge geschafft“, sagte Kuntz. Wohl wahr: Bei einem weiteren Gegentor wäre das Turnier für die DFB-Elf beendet gewesen.

„Das war eine brutale Konstellation für uns. Wir hätten alles verlieren können. Das ist ein kleiner Schock für eine so junge Mannschaft, wenn man weiß: Wenn du noch einen kriegst, bist du auf einmal raus“, sagte Mittelfeldspieler Max Meyer von Schalke 04. Am Ende blieb es beim 0:1, das beiden Teams zum Einzug ins Halbfinale reichte und doch höchst unterschiedliche Emotionen hervorrief. Während die Italiener nach Schlusspfiff wild jubelten, schlich die deutsche Mannschaft vom Rasen.

In der Kabine ging es dann auch alles andere als fröhlich zu. „Die Stimmung war durchaus gereizt. Weil meine Spieler sehr frustriert waren“, sagte Kuntz, dem diese Reaktion gefiel: „Es ist schön, dass die Mannschaft selbstkritisch ist und nicht zufrieden, wie es gelaufen ist. Irgendwann wird sich das legen, weil wir letztendlich im Halbfinale stehen. Das zählt.“

Dann heißt der Gegner England, so wie im Finale 2009. Damals gewann das DFB-Team 4:0, obwohl die Mannschaft in der Vorrunde sogar nur fünf Punkte geholt hatte, einen weniger als die jetzige U 21 in Polen.

„Jetzt kommen die K.o.-Spiele, da zählt’s“, sagte Kapitän Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg), Trainer Kuntz verspürt sogar „weniger Druck“ als vor dem Italien-Spiel: „Jetzt geht es wie im Pokal: Hop oder Top.“ Und so überwog am Ende dann doch die Freude über das Erreichte.

Nicht bei allen. Pavel Hapal wollte mit seiner Wutrede nicht länger warten. Um kurz vor Mitternacht trat der Trainer der Slowakei vor die Mikrofone und machte seinem Ärger über die deutsche U-21-Nationalmannschaft Luft. „Ich bin unglaublich enttäuscht. Was die Deutschen und Italiener heute gezeigt haben, war eine Schande“, sagte der ehemalige Bundesliga-Profi und wischte sich die Tränen ab.

Hapal hatte zuvor mit seiner Mannschaft das Gruppenspiel zwischen Deutschland und Italien am Fernseher verfolgt. In der Schlussphase war er der Verzweiflung nahe: Sowohl Deutschland als auch Italien reichte der Spielstand von 1:0 zum Halbfinal-Einzug, weil zeitgleich Dänemark gegen Tschechien mit 4:2 führte. Wäre in Krakau noch das 1:1 oder 0:2 gefallen, hätte die Slowakei als bester Gruppenzweiter das Halbfinale erreicht.

Doch Hapal wartete vergeblich auf einen Treffer. „Es ist kein Fair Play, auf ein 0:1 zu spielen. So etwas gehört nicht zum Fußball“, sagte der 47-Jährige und forderte sogar Konsequenzen. „Jemand sollte etwas unternehmen, auch wenn es ein so großes Land wie Deutschland betrifft“, sagte Hapal, der von 1992 bis 1995 bei Bayer Leverkusen gespielt hatte.

Auch Martin Skrtel, der vielleicht bekannteste Fußballer der Slowakei, war empört. „Einige Dinge kann man eben nicht beeinflussen. Deutschland und Italien haben ihr eigenes Geschäft gemacht. Peinlich.“ sid