Zürich. Der Fußball-Weltverband Fifa denkt über radikale Regeländerungen nach.

Zwei Halbzeiten à 30 Minuten, ein Anhalten der Spieluhr bei jeder Unterbrechung: Der Fußball-Weltverband Fifa und seine Regelhüter experimentieren weiter am vermeintlich perfekten Spiel und schrecken offenbar dabei auch vor radikalen Regeländerungen nicht zurück. Mit der Initiative „Play Fair!“ sollen die Begegnungen „fairer, attraktiver und unterhaltsamer“ gemacht werden – der Preis dafür könnte allerdings ein hoher sein.

„Das Strategiepapier ist ein Meilenstein für den Fußball“, sagte dennoch Geschäftsführer Lukas Brud vom International Football Association Board (IFAB), dem für Regeln zuständigen Gremium. Das besteht aus vier Fifa-Mitgliedern und jeweils einem Vertreter aus England, Wales, Schottland und Nordirland.

Nach der letzten turnusmäßigen Generalversammlung am 3. März hatten sich die Experten nun mit möglichen Regeländerungen befasst, die in den kommenden fünf Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden könnten. Der vorgeschlagene neue Elfmeter-Modus war dabei bereits bei der U-17-EM im Mai getestet worden, ein strengeres Vorgehen der Unparteiischen gegen zu aufmüpfige Spieler dürfte auch problemlos über die Bühne gehen.

Die Vorschläge des IFAB im Bereich „Erhöhung der effektiven Spielzeit“ sind allerdings umso radikaler – eine „leise Revolution“, von welcher der technische Direktor David Elleray im Times-Interview sprach, sieht wahrlich anders aus. Auch deshalb werden die meisten Aspekte davon unter dem Punkt „Offen zur Diskussion“ erläutert.

Zentraler Vorschlag ist dabei, die Uhr immer dann anzuhalten, „wenn der Ball außerhalb des Spielfelds ist“ (ähnlich wie beim Eishockey). Würde man an der bisherigen Spielzeit von zwei Halbzeiten mit je 45 Minuten festhalten, soll dies in den letzten fünf Minuten des ersten und in den letzten zehn Minuten des zweiten Durchgangs geschehen. Weil laut IFAB in diesen Phasen „die Spieler am wahrscheinlichsten auf Zeit spielen.“

Alternativ zu dieser Hybrid-Methode steht die Verkürzung der Spielzeit auf zweimal 30 Minuten und das Anhalten der Spieluhr während der gesamten Partie. Der Vorteil dieser vom IFAB als „radikale Veränderung“ bezeichneten Lösung: Jedem Verein stünde in jedem Wettbewerb und in jedem Spiel die gleiche effektive Spielzeit zur Verfügung.

Dass zudem die 60 Minuten, die dann auf der großen Stadionuhr exakt für jede Person ersichtlich ablaufen würden, ausreichen, ist belegt: Eine Analyse hatte ergeben, dass in der Bundesliga die Netto-Spielzeit etwas mehr als 56 Minuten beträgt.

„Die Rückmeldungen aller Beteiligten in der Fußball-Gemeinschaft sind bislang wie die Unterstützung sehr positiv“, sagte Elleray mit Blick auf die Gedankenspiele. Alle seien sich einig, dass die Verbesserung der Rahmenbedingungen „die absolute Priorität besitzt.“

Ähnlich äußerte sich auch der frühere Weltklasse-Spieler Marco van Basten, der bei der Fifa mittlerweile Technischer Direktor ist und von einem „guten Plan für den Fußball“ sprach: „Die Zuschauer wollen Fußball sehen – und nicht darauf warten. Am Ende sollen alle Spiele mehr oder weniger die gleiche Netto-Spielzeit haben.“

An Innovationen in der Vergangenheit wie kein Abseits mehr bei gleicher Höhe, mehr als nur ein Spielball und Verbot des Rückpasses zum Torwart haben sich die Fans längst gewöhnt.