Braunschweig. Basketball-Star Dennis Schröder spricht über seine Hilfe für die Löwen, die EM, die Hawks und seine Familie.

Jedes Jahr im Frühsommer hält Dennis Schröder Hof in seiner Heimatstadt Braunschweig. Und parallel zum Aufstieg des Basketballers beim NBA-Team Atlanta Hawks zum Spielmacher Nummer eins und somit zu einem wirklichen weltbekannten Star, wächst auch diese Veranstaltung mit. Diesmal hat der Deutsche Basketball Bund für die Pressekonferenz mit seinem Nationalspieler im Steigenberger Hotel schon einen deutlich größeren Saal gemietet, am Podium nimmt neben Schröders Bruder und Manager Che und seinem Mentor Liviu Calin auch noch ein neuer PR-Manager Platz.

Und dann sitzt da ein sichtlich gereifter Dennis Schröder, gibt sich umgänglich und beantwortet bereitwillig alle Fragen, ohne wie früher gelegentlich genervt zu wirken oder um Worte ringen zu müssen. Nur einmal springt ihm sein Bruder bei, als es beim Thema Nationalmannschaft Erklärungsbedarf gibt. „Ich gibt Dinge, die ich haben will, dass alle mich respektieren“, hatte Schröder gesagt, wie eine Art Voraussetzung dafür, dass er im Sommer mit dem DBB-Team zur Europameisterschaft antritt. Stellt er Bedingungen an Verband oder Team? Die Frage steht im Raum.

Doch Schröder und sein Bruder biegen das rasch wieder hin. „Ich will nichts bekommen, es geht nur um das Gefühl des Respekts“, sagt der Profi, der sich vor zwei Jahren als herausragender deutscher Spieler bei der EM völlig zu Recht ungerecht behandelt gefühlt hatte, als ihn einige Medien für das Verpassen der Endrunde verantwortlich gemacht hatten.

Längst ist doch bekannt, wie sehr sich Schröder auf die Kollegen aus dem Nationalteam freut, besonders auf seine Kumpels Maodo Lo und Daniel Theis. Seinen ehemaligen Braunschweiger Freund möchte er gern in die NBA zu den Hawks holen und hat bei Trainer Mike Budenholzer beim gemeinsamen Play-off-Besuch in Bamberg schon darum geworben.

Schröder ist heiß auf die EM und will sein Team diesmal in die Endrunde führen. Es werde langsam Zeit, die Nationalhymne wieder zu hören, sagt er. Im Vorjahr hatte er dem DBB für die Qualifikation kurzfristig absagen müssen, weil die Atlanta Hawks beschlossen hatten, ihm die Starterrolle im Team – verbunden mit einem 64 Millionen Euro schweren Vierjahresvertrag – zu übertragen und ihn dafür im Vorfeld lieber vor Ort trainieren sehen wollten.

„Ich denke, es hat jeder verstanden, dass ich damals absagen musste, aber grundsätzlich bin ich immer für die Nationalmannschaft da“, betont der Braunschweiger. „Ich spiele, um das deutsche Feeling wieder zu haben und Deutschland etwas zurückgeben zu können. Es ist schön, jeden Sommer für etwas zu kämpfen.“

Schließlich profitieren auch die Hawks, wenn er eine gute EM spielt, ist Schröder überzeugt. Er müsse weiter an seinen Führungsqualitäten arbeiten, „denn das ist die wichtigste Sache als Pointguard.“ Und wie könnte er das besser tun als als Anführer bei internationalen Titelkämpfen?

Bis 5. Juni dauert noch die einmonatige Pause, die ihm die Athletiktrainer der Hawks verordnet haben. Dann folgt ein Trainingsblock in Atlanta, ein Familienurlaub in Gambia, der Heimat seiner Mutter, und ein Trainingsblock in Braunschweig bis zum Einstieg ins Programm der Nationalmannschaft im August.

So lange steht ausschlafen und entspannen auf dem Programm, immer mit der Familie und den engen Freunden der „Flexgang“. Zudem treibt Schröder mit seinem Bruder seine geschäftlichen Projekte voran, seine Lounge „DS17“ in Atlanta, seine Flexgang-Mode-Kollektion und andere Dinge, die er noch nicht verraten will. Ein Musiklabel ist wohl dabei, das T-Shirt, das er trägt, mit dem goldenen Aufdruck „17 Birds like I‘m Schröder“, weist auf einen Song hin, verrät er später.

„Andere fliegen nach Hawaii, ich genieße meine Zeit in Braunschweig, weil ich meine Familie ja sechs Monate nicht sehe“, erklärt er sein Freizeitvergnügen. Diesen Zustand will er allerdings im Herbst beenden und sich seinen Traum erfüllen, endlich Mutter Fatou und die Geschwister in Atlanta um sich zu versammeln. Alle seien bereit, die Visumshürden überwunden. „Wir können nicht ohne einander“, sagt auch seine Mutter, betont aber, nur für die Saison in den USA leben und sonst nach Braunschweig zurückkehren zu wollen.

Liviu Calin hingegen bleibt ganz hier. Schröder hatte seinen Mentor nach Atlanta eingeladen. „Liviu ist Familie und eingeplant. Ich habe ihm alles zu verdanken, auch wenn er das von sich weist“, sagt der Basketballer. Sein Entdecker hingegen fühlt sich zwar geschmeichelt, sagt aber ab. Schröder habe exzellente Trainer bei den Hawks und brauche ihn nicht. „Ich genieße Dennis‘ Entwicklung zu einem weltweit bekannten Sportler und freue mich für die Familie“, sagt der Co-Trainer der Löwen. „Ich fühle mich mit ihm verbunden, aber auch mit dem Braunschweiger und dem deutschen Basketball.“

Und so will Calin lieber von zu Hause aus daran mitarbeiten, dass die neue Kooperation Schröders mit seinem Heimat-Standort zu Leben erweckt wird. „Es war ja nicht normal, dass es so etwas bisher nicht gab“, sagt Calin. „Dennis ist unser Produkt, er vertritt diese Stadt. Wir müssen das würdigen, und er kann uns helfen.“

Paul Anfang, der neue Aufsichtsratschef der Löwen, ist mit Stellvertreter Michael Reinhart ebenfalls da. Anfang hat es offensichtlich geschafft, im Kontakt mit der Familie Schröder Einiges zu kitten. „Unsere Wertschätzung Dennis Schröder gegenüber war in der Vergangenheit nicht ausreichend“, räumt der neue starke Mann beim Erstligisten ein. „Herr Anfang hat alles geändert, wir haben ein gutes Gespräch gehabt“, sagt Schröder. „Jetzt wollen wir uns gegenseitig helfen, und die Löwen tun, was sie können für mich und meine Familie.“

Was er tun kann, davon hat Schröder auch schon Vorstellungen. Er will Vertreter der Löwen nach Atlanta einladen, die sich Organisation und Abläufe bei den Hawks anschauen. „Wenn wir ein bisschen was davon nach Braunschweig holen, wäre es gut“, betont er. Außerdem wolle er bei der Vermittlung von Spielern helfen. „Ich kenne einige, die es nicht ganz aufs NBA-Level schaffen und gerne nach Deutschland gehen würden.“

Doch damit nicht genug, schließlich denkt Schröder ja gerne ganz groß. „Wenn organisatorisch alles passt“, sei er eventuell bereit, in den Standort zu investieren, betont er auf Nachfrage und malt sich das schon mal aus: „Ich will helfen, hier ein Top-5-Team aufzubauen und möchte, dass junge deutsche Spieler wieder gern nach Braunschweig kommen, weil sie sich hier zu Profis entwickeln können“, sagt er. Früher sei das so gewesen. „Aber seit die Pro-B-Mannschaft dichtgemacht wurde, ist nichts mehr da – man muss es ganz neu aufbauen.“