München. Die Bayern müssen sich nach einem großen Pokalkampf im Halbfinale mit 2:3 beugen.

Plötzlich und unverhofft stand Ousmane Dembélé vor Fragen, von denen niemand bei Borussia Dortmund ahnen würde, dass sie sich noch stellen würden. Was tun? Wohin mit all dem Glück? Er hatte seinen Schuss fliegen sehen, segeln eher. Von seinem linken Fuß aus auf das Tor, unter die Latte, ins Netz. Tor. Der 19-Jährige rannte also einfach los, rannte, nicht einholbar Richtung Dortmunder Bank und rutschte ihr schließlich auf Knien entgegen, bis ihn die Kollegen unter sich begruben.

Sie hofften, was später Gewissheit wurde, dass dies nämlich der Siegtreffer war. In einem irrwitzigen, denkwürdigen DFB-Pokal-Halbfinale in München bezwang der BVB den FC Bayern gestern Abend mit 3:2 (1:2). Im Finale am 27. Mai wartet nun Eintracht Frankfurt. Danach hatte es für den BVB aber lange Zeit wirklich nicht ausgesehen.

In der ersten Hälfte zum Beispiel. Thomas Tuchel suchte Schutz. Vor dem einsetzenden Regen. Am liebsten auch vor dem, was sich da zu ereignen drohte. Aber die Kapuze half in dem Moment eben nur gegen die Kraft der Natur, nicht gegen die der Bayern. Es war die Zeit, in der Tuchel mit ansehen musste, wie zunächst zu bröseln begann, was mit großer Mühe errichtet worden war.

Der BVB begann stark. Nach einer Hereingabe von Raphael Guerreiro verpasste Pierre-Emerick Aubameyang frei vor Sven Ulreich die fast sichere Führung (4. Minute). Spielglück hatte sich Tuchel gewünscht. Was da noch ausblieb, ereignete sich kurze Zeit danach. Ein Fehler des früheren Borussen Mats Hummels eröffnete Guerreiro die Chance. Dessen Schuss hüpfte – abgeblockt von Ulreich – gegen den Pfosten, was den abwehrbereiten Philipp Lahm aus dem Spiel nahm. Marco Reus stand richtig und traf aus einer Zentimeter-Entfernung (19.). Spielglück. Da war es.

Doch die Bayern reagierten wie Meister und belagerten bis zur Pause mehrheitlich das Dortmunder Tor. Mit Erfolg. Javi Martinez wuchtete einen Eckstoß aus acht Metern ins Netz zum Ausgleich (28.). Robert Lewandowski tauchte zweimal recht frei vor BVB-Torwart Roman Bürki auf (31./45.), Martinez köpfte einen weiteren Eckstoß an die Latte (38.). Es war die Zeit, als Tuchel die Kapuze aufsetzte. Das Spiel kippte. Franck Ribéry spielte Hummels frei und der traf als täte er in seinem Verteidiger-Leben nichts anderes als Tore schießen (41.): kühl, überlegt, souverän. Auf Jubelposen verzichtete er gegen die alten Kollegen.

Am bestehenden Bild änderte sich zu Beginn der zweiten Hälfte sehr wenig. Die Bayern behielten die Kontrolle – und blieben gefährlich. Arjen Robben, der Mann, der 2013 das Champions-League-Duell dieser beiden Mannschaften entschieden hatte, hätte die Entscheidung herbeiführen müssen. Allein vor Bürki scheiterte er zunächst (58.). Absurd fast die Szene kurz danach: Nach einem Fehler des Dortmunder Keepers, der bereits ausgespielt war, hatte Robben das fast verwaiste Tor vor sich. Doch seinen Schuss lenkte Sven Bender mit der Fußspitze an den Pfosten (63.). Wahnsinn.

Und Wendepunkt. Denn aus dieser Aktion schöpfte die Borussia neue Zuversicht, neuen Glauben. Glauben, der ausreichte, der Partie eine nicht mehr vermutete Wendung zu verleihen.

Ousmane Dembélé flankte und Pierree-Emerick Aubameyang köpfte den Ball aus kurzer Distanz ins Tor (69.). Und nur fünf Minuten später bediente Reus wiederum Dembélé. Der Franzose, dem bis dahin wenig gelungen war, schlug einen Haken und traf. Mit vereinten Kräften warf sich der BVB in der turbulenten Schlussphase in die Schüsse – und ins Finale.