Wolfsburg. Den deutschen Klubs droht im Frauenfußball der Verlust der Vormachtstellung.

Nach diesem Spielverlauf war Ralf Kellermann richtig bedient. „Die Enttäuschung ist einfach riesengroß. Wir sind sehr unverdient ausgeschieden“, sagte Wolfsburgs Trainer am Mittwochabend in Lyon. Dort hatten sich die VfL-Fußballerinnen gerade im Viertelfinale aus der Champions League verabschiedet, obwohl sie im Rückspiel die bessere Mannschaft waren und durch einen verwandelten Elfmeter von Caroline Hansen 1:0 gewonnen hatten. Das 0:2 aus dem Hinspiel konnten die Wolfsburgerinnen gegen den französischen Serienmeister Olympique Lyon so aber nicht aufholen.

Auch wenn im Fall des VfL viel Pech dabei war – langfristig müssen sich die deutschen Teams wohl auf weitere Enttäuschungen in Frankreich einstellen. Denn in den vergangenen Jahren haben die großen Klubs im Nachbarland nicht nur aufgeholt, sondern die Bundesliga, die im Frauenfußball lange als die beste Liga der Welt galt, teilweise bereits überholt.

Einen Vorgeschmack auf die neue Zeit erhielt am Mittwoch auch Bayern München. Das Hinspiel in der bayerischen Landeshauptstadt hatte der deutsche Meister noch mit 1:0 gewonnen und war dementsprechend euphorisch nach Paris gefahren. Doch gegen die Startruppe von St. Germain kamen die Münchnerinnen böse unter die Räder. Am Ende stand ein 0:4 gegen die Französinnen. Da half auch die Unterstützung von Vereinspräsident Uli Hoeneß wenig. „Es muss sich viel verändern im Verein, so können wir nicht weitermachen“, sagte Trainer Thomas Wörle nach dem Aus im TV-Interview: „Wir können mit den Möglichkeiten, die wir aktuell haben, nicht mit den Besten in Europa mithalten. Das ist, glaube ich, jedem klar.“

Jahrelang war das anders. Die deutschen Vereine gehörten wie die Nationalmannschaft lange Zeit wie selbstverständlich zur Crème de la Crème Europas. In den vergangenen neun Jahren hatte es immer ein Bundesligist ins Endspiel der Königsklasse geschafft. Rekordsieger des Wettbewerbs ist der 1. FFC Frankfurt.

Doch in den vergangenen Jahren sind vor allem die französischen Teams immer stärker geworden. Serienmeister Lyon zahlt den Spielerinnen Gehälter, mit denen die deutschen Klubs nicht mithalten können. So soll die deutsche Nationalspielerin Dzsenifer Marozsan 300 000 Euro im Jahr von Olympique erhalten. In der Bundesliga ist für die Top-Spielerinnen maximal die Hälfte drin.

Selbst die dank Volkswagen gut situierten Wolfsburgerinnen können beim Thema Geld mit Lyon und Paris nicht konkurrieren. Und auch in England zahlen Chelsea, Arsenal oder Manchester City inzwischen immer mehr. Eine Entwicklung, die VfL-Trainer Kellermann bereits länger beobachtet. „Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch infrastrukturell passiert in England viel“, sagt er. Und auch Spanien hole mehr und mehr auf. „Wenn man nicht aufpasst, wird es für die deutschen Vereine ganz schwer, da noch mitzuhalten“, warnt der Coach. „Wir müssen Gas geben – in allen Bereichen.“

Die deutschen Vereine könnten den Anschluss verlieren, wenn nicht gegengesteuert wird. Doch eine breite Allianz wie 2000 bei der Krise im Männerfußball ist nicht in Sicht. Vielleicht liegt das daran, dass die Nationalmannschaft noch Erfolge feiert. Sie ist amtierender Olympiasieger und Europameister. Wenn die deutschen Vereine nicht mehr mithalten können, wird das aber auch irgendwann negative Auswirkungen auf das Aushängeschild haben.