Wolfsburg. Eigengewächse, noch mehr Talente und gezielte Transfers: Der Klub setzt auf Stallgeruch.

. Für den VfL Wolfsburg ist die aktuelle schon die zweite Bundesliga-Saison in Folge, in der es ganz und gar nicht läuft. Wieder hinkt der Pokalsieger von 2015 seinen Ansprüchen weit hinterher. Und diese sportliche Misere wird finanzielle Folgen haben. Volkswagen verordnet dem VfL eine Diät und wird seine Unterstützung um wohl 20 Millionen Euro runterschrauben.

Derzeit sei die Etatreduzierung aber „kein Thema“ beim Klub, weil dieser voll auf den Kampf um den Klassenerhalt in der Bundesliga fokussiert sei, teilte Wolfgang Hotze, Sprecher der Geschäftsführung, gestern mit. Er stellte gleichzeitig aber klar, dass „wir als VfL Wolfsburg unseren Beitrag für VW leisten und dies auch zukünftig tun werden.“ Spätestens im März werden Hotze und Co. Planungssicherheit darüber haben, in welcher Höhe der Autobauer sie weiter unterstützt. Klar sei für Hotze, der die strategische Ausrichtung des Klubs mit dem Eigner besprechen wird: „Selbst wenn es zu einer Anpassung des Engagements von Volkswagen käme, wäre der VfL Wolfsburg weiterhin sehr gut aufgestellt.“

Die Zukunft hat bei den „Wölfe“ längst begonnen. Denn still und leise wurden bereits die ersten Schritte des Strategiewechsels gemacht. Die ganz großen Namen wie Schürrle, Kruse, Dante und zuletzt Draxler sind aus dem Kader gestrichen, dafür kamen talentierte Jüngere dazu. Neben externen U-21-Zugängen wie Riechedly Bazoer, Victor Osimhen oder Yannick Gerhardt machen erfahrenere Zugänge à la Jeffrey Bruma, Daniel Didavi oder Yunus Malli, die die Bundesliga kennen, die neue Mischung beim VfL aus. Dazu geben die Eigengewächse Maximilian Arnold, Robin Knoche, Paul Seguin sowie die hoffnungsvollen Talente Gian-Luca Itter, sein Bruder Davide oder Murat Saglam die Extraportion Identifikation dazu.

Für die nächsten Jahre soll gelten: Die Kicker, die für den VfL auf dem Rasen stehen, werden weniger bekannt sein. Aber sie sollen für die Attribute stehen, die sich sowohl die Stadt als auch VW gerne zuschreibt: Arbeit, Identifikation, Leidenschaft. Es soll ein Strategiewechsel sein, der dem Klub nicht nur in der regionalen, sondern auch in der nationalen Wahrnehmung gut tun kann. Ohne teure Stars, aber dafür mit einem Mix aus Eigengewächsen, Sympathieträgern (Diego Benaglio) und effizienten Zugängen (Malli, Bruma, Paul-Georges Ntep) soll der Klub sympathischer werden. Olaf Rebbe arbeitet bereits länger in dieser Richtung – und soll die Aufgabe federführend fortsetzen.

Der Sportdirektor könnte seinen finanziellen Handlungsspielraum dadurch vergrößern, indem er Topverdiener wie Luiz Gustavo oder Ricardo Rodriguez gehen lässt. Beide stehen vor allem bei den Mailänder Klubs aus der italienischen Serie A ganz weit oben im Kurs. Ihnen wird der Weg nicht verbaut, sollten vernünftige Angebote für sie auf Rebbes Schreibtisch einflattern.

Doch derzeit ist die Gegenwart noch deutlich wichtiger als die Zukunft. Mit dem 2:1-Sieg gegen 1899 Hoffenheim vom Sonntag hat sich die Lage beim kriselnden Klub vorerst beruhigt, bleibt aber gefährlich. Die zweite schwache Spielzeit in Folge hat sichtbare Narben hinterlassen und die Verantwortlichen zum Handeln gezwungen. Offiziell wird der Strategiewechsel vielleicht weder vom Klub, noch von VW bestätigt werden. Dabei hat er schon begonnen. Die offensichtlichen Änderungen in der Personalplanung in den vergangenen Monaten lassen keinen anderen Schluss zu.