Mailand. Mario Gomez war nach dem Besuch der deutschen Nationalelf im Vatikan begeistert. Die Karriere des Wolfsburgers bekam in Italien einst eine Delle, jetzt ist er wieder obenauf.

Es war nicht zu erwarten, dass irgendeiner aus der Delegation des Deutschen Fußball-Bundes nachher erklären würde, die Sache sei langweilig gewesen. Natürlich schwärmten alle vom Besuch bei Papst Franziskus I., der die deutsche Nationalmannschaft am Montag in aller Herrgottsfrühe für 20 Minuten empfangen hatte.

„Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen“, sagte Verteidiger Mats Hummels. Und DFB-Präsident Reinhard Grindel, der die Reisegruppe um 8.21 Uhr in den Vatikan führen und ein paar Worte an den Heiligen Vater richten durfte, nannte Franziskus einen „Menschenfreund“. Alle waren bewegt, alle waren glücklich.

Auch bei Joachim Löw wirkte das Treffen nach, und der Bundestrainer erzählte nach der Ankunft im Mailänder Teamhotel am frühen Nachmittag, wie Franziskus mit seinen Worten über die integrative Kraft des Sports „alle von uns erreicht“ habe. Nun aber würden sich seine Gedanken auf die Testpartie gegen Italien an diesem Dienstag richten. Schon direkt nach der Abreise aus Rom hatte Löw sich solche gemacht und sich gefragt: Kann Mario Gomez spielen?

Der Angreifer des VfL Wolfsburg hatte vom anderen Betriebsausflug nach San Marino am Freitag (8:0) einen Bluterguss im Oberschenkel mitgebracht. Dem 31-Jährigen gewährte Löw am Montagvormittag eine Art Privat-Audienz, fragte nach seinem Heilungsprozess. „Ich gehe davon aus, dass er spielen kann.“

Für Gomez wäre es der Abschluss eines guten Jahres – eines, in dem er sich zurück in die Nationalelf gekämpft hat, und das gegen jenes Land, in dem seine Karriere einst eine heftige Delle bekam. Lange wusste man nicht, ob sie sich wieder ausbeulen lassen würde. Das Länderspieljahr 2016, das nun mit der Partie gegen Italien endet, ist in gewisser Weise das des Mario Gomez: Ende März, kurz vor Ostern, gelang ihm die Auferstehung, als er in der ersten Partie des Jahres gegen England (2:3) nach 1382 Tagen wieder für das DFB-Team traf. Der italienische Schiedsrichter Gianluca Rocchi verweigerte ihm damals zu Unrecht noch ein zweites Tor, und Gomez sagte: „Es scheint nicht so zu laufen mit mir und Italien.“ In Florenz, wohin er 2013 vom FC Bayern gewechselt war, gab es die Delle für seine bis dahin steile Laufbahn. In Istanbul beulte er sie mit 26 Saisontreffern selbst wieder aus und bekam dadurch die Chance, sich auch bei Löw erneut wichtig zu machen.

„Mario ist nicht wie Miro Klose, der viel am Spiel teilgenommen hat“, sagte Löw am Montag. „Aber sobald er zum Abschluss kommt, hat er unglaubliche Qualitäten: Mit rechts, mit links, mit dem Kopf macht er eigentlich fast jede Chance rein. Er ist ein Spieler, der die letzte Aktion vor dem Tor glänzend kann und daher sehr, sehr wichtig für uns ist“, erklärte der 56-Jährige.

Gomez fügt Löws Mannschaft an guten Tagen etwas hinzu, was sie zu wenig hat: Vollstreckerqualitäten. Das zeigte sich vor allem im verlorenen EM-Halbfinale gegen Frankreich im Juli, das dafür sorgte, dass es für das DFB-Team kein richtig gutes Jahr werden sollte. Damals war Deutschland dominant bis zum Strafraum, fand aber das Tor nicht. Gomez hatte sich im Viertelfinale verletzt – gegen Italien natürlich. Zwischen den beiden läuft es nicht so. Diese Verletzung habe auch dazu geführt, dass der Neustart in Wolfsburg, wohin Gomez im Sommer gewechselt ist, zunächst holprig verlief, sagte Löw. „Das hat ihn aus dem Rhythmus gebracht. Aber jetzt hat er den Durchbruch in Wolfsburg geschafft.“

Nach dem Trainerwechsel von Dieter Hecking zu Valérien Ismaël hat Gomez beim VfL in vier Pflichtspielen vier Tore erzielt und damit bewirkt, dass der Coach bleiben durfte. Der Stürmer, dem Selbstzweifel nicht fremd sind, der aber auch in seiner Karriere so regelmäßig getroffen hat wie wenig andere – 141 Bundesligatore in 245 Spielen – hat auch dort zu sich gefunden.

Gegen Italien wird Gomez sein 70. Länderspiel bestreiten. Er hat in den 69 zuvor 29 Treffer erzielt – eine ordentliche Quote für einen, der mal als „Gurken-Gomez“ verhöhnt wurde.

Wie er das mit dem Papst erlebt hat? Am Montagabend twitterte Mario Gomez ein Bild von einem Handschlag mit Franziskus im Vatikan und schrieb dazu: „Was für ein cooler Papst.“ So kann man das natürlich auch sehen.