Ilsede. Klaus-Henning Großpietsch und Manfred Vorberg vom Förderverein kümmern sich um die Ilseder Hütte.

Passierschein und Helmpflicht – beides war unabdingbar, um durch das Werktor 5 an der Eichstraße durchzukommen auf das Ilseder Hüttengelände. Klaus-Henning Großpietsch und Manfred Vorberg haben diese Zeiten noch erlebt – sie haben einst auf diesem niedersachsenweit einzigartigen Industriegebiet gearbeitet. Inzwischen sind die meisten alten Anlagen – von den Hochöfen über die Kokerei, die Sinteranlage bis hin zum Kraftwerk – abgerissen. Wie sie früher ausgesehen hat, die Ilseder Hütte, ist aber auf einem riesigen Schwarzweiß-Bild zu sehen – am (ehemaligen) Werktor 5.

Genau diese Erinnerung ist es, die die beiden Ruheständler umtreibt. „Wir wollen den jungen Menschen zeigen, wo ihre Eltern oder Großeltern gearbeitet haben, wie sie auf der Hütte ihre Brötchen verdient haben“, sagen Klaus-Henning Großpietsch und Manfred Vorberg – daher engagieren sich die beiden Ilseder im Förderverein für das Hüttengelände, verbringen unzählige Stunden mit der Aufarbeitung dieser faszinierenden Industriegeschichte.

Beim Rundgang über das etwa 45 Hektar große Hüttengelände zeigt sich: Die die Abrissbirne hat ganze Arbeit geleistet. Großpietsch (77) und Vorberg (80) bleiben aber realistisch: „Es wäre viel zu teuer gewesen, alle Anlagen zu erhalten.“ Eine Ausnahme: Die Dampfzentrale von 1898, in der die Ilseder Hütte den ersten industriell nutzbaren elektrischen Strom erzeugt hat, hätte stehenbleiben müssen – „wir als Verein hätten sie sinnvoll genutzt.“

DIe Ilseder Hütte als Projekt

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    Immerhin hat der Förderverein mit seinen 108 Mitgliedern auch viel retten können und hat einiges Baugleiches von außerhalb auf das Hüttengelände geschafft, um zu zeigen, wie es früher hier gewesen ist. Sei es das Gehäuse einer Gebläsemaschine, der Schlackpfannenwagen oder der Kokslöschwagen mit Elektro-Lok – über alles können Vorberg und Großpietsch ihre Geschichtchen erzählen. „Dort hinten im Verwaltungsgebäude der Hütte habe ich als Oberingenieur gearbeitet – ich war für die Roheisenproduktion zuständig“, zeigt Großpietsch – heute ist es das Rathaus der Gemeinde Ilsede. Während Vorberg, einst Betriebschef der Instandhaltung auf der Hütte, schildert, was sich auf dem Gelände an welchem Ort befunden hat – obwohl es nicht mehr da ist: „Hier hat mal ein Schornstein gestanden.“

    Zutage kommen bei den Rundgängen auch Anekdoten, die nicht unbedingt in den Büchern nachzulesen sind – eine Kostprobe: „Wer früher sagen konnte, er arbeitet auf der Hütte, der hatte bei den Mädchen gute Karten – denn das waren sichere Arbeitsplätze“, berichtet Vorberg schmunzelnd – er ist übrigens verheiratet. Genauso wie Großpietsch, der erzählt: „Draußen an unserem Haus – damals noch in Ölsburg – hat meine Frau mal eine weiße Decke auf den Tisch gelegt und Butter.“ Plötzlich seien Decke und Butter schwarz geworden – „Kohlenstaub von der Hütte“. Aus Erfahrung wird man aber klug.

    Die Ilseder Hütte

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    Inzwischen ist das Hüttengelände ein Ort für modernes (digitales) Gewerbe, für Naturliebhaber und für Fans der Disc-Golf- Anlage. Und die über 100 Jahre alte Gebläsehalle, die für die Windproduktion der Hütte zuständig gewesen ist, sorgt als ungewöhnlicher Veranstaltungsort für Furore.

    Herzstück des Vereins ist die Umformerstation, in der Wechselstrom zu Gleichstrom umgeformt wurde, auf dem Hochofenplateau neben dem Kugelwasserturm. „Unzählige Wochenenden haben wir das Gebäude renoviert“, sagt Vorberg: Tausende Stunden? – „bestimmt“. Großpietsch ergänzt: „Wir haben einen harten Kern von sechs bis zwölf Mitgliedern, die anpacken.“

    Heute steht in der Umformerstation, die als Veranstaltungsstätte für fast 200 Menschen anzumieten ist, ein Modell vom Hüttengelände, wie es einmal ausgesehen hat. Im Keller der Umformerstation begeben sich die Besucher in einer Dauerausstellung auf die geschichtlichen Spuren der Ilseder Hütte: Sieben Stellwände zeigen eindrucksvoll die Wirkungsstätten des Hochofenwerks unter anderem mit moderner Technik.