Mein perfektes Wochenende. Beim Cross-Training gehen die Sportler 90 Minuten an ihre körperlichen Grenzen – und genießen es.

Als Jan Ullrich vor 20 Jahren bei der Tour de France in den Vogesen schwächelte und fast vom Rad gestiegen wäre, feuerte ihn sein Teamkollege Udo Bölts mit dem heute legendären Spruch an: „Quäl dich, du Sau!“ Dieser Satz könnte auch das Leitmotiv der Sportler sein, die beim VfB Fallersleben am Cross-Training teilnehmen.

Trainer Daniel Treutler, der auch das Fitnessstudio VfB-Fit leitet, versammelt regelmäßig am Samstagvormittag etwa ein dutzend Frauen und Männer um sich, die an ihre körperlichen Grenzen gehen wollen. „Cross-Training ist ein intensives Hochleistungstraining“, erklärt Treutler. Das Ziel ist es, möglichst viele Facetten der konditionellen Fähigkeiten gleichermaßen zu trainieren und zu fördern, um so eine gute und breite sportliche Grundlage zu schaffen.

Also ein Training nur für Sportfreaks? „Nein“, sagt Treutler und schüttelt energisch den Kopf. „Das ist etwas für Jung und Alt, von 17 bis 80. Jeder macht so gut mit, wie er kann, und nimmt sich eine Pause, wenn er sie braucht.“ Voraussetzung zur Teilnahme sei lediglich körperliche Gesundheit. „Wir hatten mal einen 70-Jährigen dabei, der hatte vielleicht einen Ehrgeiz“, erinnert sich der 35-Jährige.

Die 90-minütige Trainingseinheit beginnt auf dem Sportplatz des VfB Fallersleben eigentlich ganz entspannt. Zwei Runden locker einlaufen, danach Lauf-ABC mit Hopserlauf, Anfersen, Skippings oder Rückwärtslaufen. Danach wird die Intensität deutlich gesteigert. Die Sportler laufen 100 Meter locker, dann 100 Meter im Sprint – eine Runde. Anschließend geht es die Stadiontreppen schnell ein paar Mal rauf und runter, bevor sich jeweils zwei Teilnehmer zu einem Team zusammenfinden. Die Aufgabe: Einer läuft die 400-Meter-Runde, so schnell er kann, der Partner muss in dieser Zeit Liegestütze und Strecksprünge im Wechsel absolvieren. Kommt der Läufer ins Ziel, wird gewechselt.

„Ich kann nicht mehr“, stöhnt die Fallersleberin Lena Karnebogen am Ende der Übung und stützt sich mit den Händen auf ihren Knien ab. Doch Aufgeben kommt für sie nicht in Frage. Nach einer kurzen Pause geht es weiter. „Alleine würde ich mich nie so pushen, an meine Grenzen zu gehen. In der Gruppe funktioniert das.“

Nach 45 Minuten geht es vom Sportplatz in die angrenzende Halle. Hier hat Treutler bereits einen Parcours für das Zirkeltraining vorbereitet, an dem VfL-Meistertrainer Felix Magath seine helle Freude hätte. Es gibt zehn Stationen. Dazu zählen Seilspringen, Medizinballwerfen, Sandsäckeschleppen, auf einer Weichbodenmatte Hüpfen oder Lie- gestütze Machen – eine Übung dauert 45 Sekunden, danach sind 30 Sekunden Pause. Bevor es losgeht, sorgt Trainer Treutler für musikalische Zusatzmotivation. „Eye of the Tiger“ dröhnt es aus den Boxen. Rocky lässt grüßen.

Während der Übungen gibt Treutler Tipps zur richtigen Ausführung und feuert seine Schützlinge lautstark an. „Wenn Daniel plötzlich neben einem steht, schafft man noch ein paar Liegestütze mehr“, sagt Lena Karnebogen schmunzelnd.

Für Arne Goltermann kann es nicht hart genug zur Sache gehen. „Es macht mir Spaß, mich zu quälen“, sagt der 25-jährige Fallersleber. Er sieht das Cross-Training als Grundlage für sein ungewöhnliches Hobby: Hindernisextremläufe. Kürzlich hat Goltermann an einem Rennen in Wächtersbach bei Frankfurt teilgenommen. 20 Kilometer, 50 Hindernisse, über Berge, durch Schlamm und Wasser – nach 2 Stunden 31 Minuten war der 25-Jährige im Ziel.

Cross-Training - Übungen für zu Hause

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    Doch zurück in die VfB-Halle. Ganz zum Schluss, als die Beine schon schwer wie Blei und die Arme lang sind, lässt Treutler seine Truppe noch einmal leiden. Die Sportler stützen sich rückwärts auf einer Bank ab und müssen sich immer wieder nach oben drücken.

    „Alleine würde ich das nie durchstehen“, sagt Christian Peters. Der Sülfelder ist mit 46 Jahren der älteste Teilnehmer und fühlt sich wohl in der Gruppe. „Ich werde zwar immer älter, aber auch immer fitter“, schwört Peters auf das Cross-Training. „Mein Körper dankt es mir.“ Dann hat sich die Quälerei also gelohnt.