Großbritannien. Der Braunschweiger Journalist und Grafiker Erwin Klein besuchte vom 12. Mai bis zum 11. Juni mit dem Motorrad die britischen Partnerstädte der Region.

Auf seiner Reise, über die er in unserer Zeitung in einer Serie berichtete, traf er ganz unterschiedliche Menschen und sprach mit ihnen über die möglichen Folgen des Brexit und die Auswirkungen auf die Städtepartnerschaften.

Großbritannien hat viele Gesichter. Die hier auf der Seite sind eine zufällige Zusammenstellung, die während meiner Tour entstanden ist. Ich traf Offizielle vom Bürgermeister bis zum Unterhaus-Abgeordneten, Engagierte aus den Twinning Societies, und es gab eine Reihe Zufallsbekanntschaften. Der Brite ist in der Regel höflich, freundlich, neugierig, nicht aufdringlich. Wenn man mit dem Motorrad unterwegs ist und offensichtlich eine längere Anreise hatte, kommt man schnell ins Gespräch: An der Tankstelle, im Café, im Pub, einmal auch an der Supermarkt-Kasse und in einer Backstube. Wer freundlich fragt, bekommt viele Antworten: Manchmal knappe, manchmal eine komplette Lebensgeschichte.

Eines wurde ganz klar während dieser vier britischen Wochen: Der Brexit ist das große Thema auf der Insel, mehr als die Terror-Gefahr, mehr als die massiven sozialen Probleme. Es gibt eine breite Diskussion darüber, und die unterschiedlichen Meinungen gehen durch alle sozialen Schichten, quer durch die Parteien und durch alle Altersgruppen.

Brexit-Tour unterwegs in Großbritannien

George Perry, der Managing Director von „Perry’s Cider Mills“: „Der Brexit ist nicht gut für uns kleinere Unternehmen. Unsere Kosten werden auf jeden Fall steigen.“
George Perry, der Managing Director von „Perry’s Cider Mills“: „Der Brexit ist nicht gut für uns kleinere Unternehmen. Unsere Kosten werden auf jeden Fall steigen.“
Ian Mitchell, ehemaliger Feuerwehrmann aus Dumfries:
„Kein Schotte will den Brexit.“
Ian Mitchell, ehemaliger Feuerwehrmann aus Dumfries: „Kein Schotte will den Brexit.“
Robert Burns, schottischer Nationaldichter:
„For never but by British hands
Must British wrongs be righted!“
Robert Burns, schottischer Nationaldichter: „For never but by British hands Must British wrongs be righted!“
Marcus Fysh, konservativer wiedergewählter Abgeordneter des Bezirks South Somerset: „Der Brexit wird für alle ein Gewinn. Die Verhandlungen werden hart, aber erfolgreich sein.“
Marcus Fysh, konservativer wiedergewählter Abgeordneter des Bezirks South Somerset: „Der Brexit wird für alle ein Gewinn. Die Verhandlungen werden hart, aber erfolgreich sein.“
Sonia Cruz, Portugiesin, Café-Bedienung in Robertsbridge: „Ich habe keine Angst vor dem Brexit. Die Briten brauchen uns, damit die Arbeit erledigt wird.“
Sonia Cruz, Portugiesin, Café-Bedienung in Robertsbridge: „Ich habe keine Angst vor dem Brexit. Die Briten brauchen uns, damit die Arbeit erledigt wird.“
Tim Horney, Barkeeper in Petersfield: „Ich glaube, dass diese Entscheidung unserm Land noch teuer zu stehen kommen wird.“
Tim Horney, Barkeeper in Petersfield: „Ich glaube, dass diese Entscheidung unserm Land noch teuer zu stehen kommen wird.“
Kerr Little, Bäckermeister in Dumfries: „Die Politiker spinnen alle.“
Kerr Little, Bäckermeister in Dumfries: „Die Politiker spinnen alle.“
Barry Cash mit Tochter Anne:
„Der Brexit ist ein Unglück. Die europäische Einigung hat uns 70 Jahre Frieden gebracht. Das darf man nicht aufgeben.“
Barry Cash mit Tochter Anne: „Der Brexit ist ein Unglück. Die europäische Einigung hat uns 70 Jahre Frieden gebracht. Das darf man nicht aufgeben.“
Matt Bailey, Clubbetreiber in Swindon: „Wir gehören zusammen. Wir brauchen Kultur, und wir brauchen Austausch.“
Matt Bailey, Clubbetreiber in Swindon: „Wir gehören zusammen. Wir brauchen Kultur, und wir brauchen Austausch.“
Colette Boyle und Bill Smith, Secretary and Chairman der „Chard Helmstedt Society“: „Wir sind für Europa und für gute Verbindungen nach Deutschland.“
Colette Boyle und Bill Smith, Secretary and Chairman der „Chard Helmstedt Society“: „Wir sind für Europa und für gute Verbindungen nach Deutschland.“
Michael Boyle mit Enkel und Hunden: „Ich habe nicht für die Konservativen gestimmt. Ich bin Labour und gegen den Brexit.“
Michael Boyle mit Enkel und Hunden: „Ich habe nicht für die Konservativen gestimmt. Ich bin Labour und gegen den Brexit.“
Sam Fuller, Chief Fire Officer im District Bedfordshire: „Wir retten Leben. Brexit hin oder her.“
Sam Fuller, Chief Fire Officer im District Bedfordshire: „Wir retten Leben. Brexit hin oder her.“
Chris Raynor und John Caldecott von den „Friends of Peine“: „Wir haben für den Brexit gestimmt, weil wir die Kontrolle über unsere Grenzen zurückgewinnen müssen. Wir wollen nicht von einer ungewählten Kommission in Brüssel regiert werden.“
Chris Raynor und John Caldecott von den „Friends of Peine“: „Wir haben für den Brexit gestimmt, weil wir die Kontrolle über unsere Grenzen zurückgewinnen müssen. Wir wollen nicht von einer ungewählten Kommission in Brüssel regiert werden.“
Vier Mitglieder der Royal Artillery: „Wir waren alle in Nordrhein-Westfalen stationiert. Wir lieben Germany, und wir lieben deutsches Bier.“
Vier Mitglieder der Royal Artillery: „Wir waren alle in Nordrhein-Westfalen stationiert. Wir lieben Germany, und wir lieben deutsches Bier.“
Der Stammtisch der Deutsch-Lernenden in Bath:
„Niemand von uns ist für den Brexit.“
Der Stammtisch der Deutsch-Lernenden in Bath: „Niemand von uns ist für den Brexit.“
Paul Crossley, ehemaliger Bürgermeister von Bath:
„Bath hat mit 70:30 gegen den Brexit gestimmt. Ich unterstütze dieses Ergebnis.“
Paul Crossley, ehemaliger Bürgermeister von Bath: „Bath hat mit 70:30 gegen den Brexit gestimmt. Ich unterstütze dieses Ergebnis.“
Peter (links) und Ron, Oldtimerfahrer
(Morgan Three Wheeler):
„Es ist besser, mit Vollgas zu sterben, als hinter einem Schreibtisch zu sitzen.
Das ist unser Lebensmotto.
Kannst du dir vorstellen, wie egal uns der Brexit ist?“
Peter (links) und Ron, Oldtimerfahrer (Morgan Three Wheeler): „Es ist besser, mit Vollgas zu sterben, als hinter einem Schreibtisch zu sitzen. Das ist unser Lebensmotto. Kannst du dir vorstellen, wie egal uns der Brexit ist?“
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Die Bandbreite dieser Meinungen reicht von „völlig verrückt“ bis „eine große Chance für das Königreich und für Europa“.

Und die Städtepartnerschaften? Funktionieren unterschiedlich gut und unterschiedlich intensiv. In jeder der acht Städte der Region gibt es Ehrenamtliche, die bewundernswerte Arbeit leisten, um die Verbindungen aufrecht zu erhalten. Beeindruckend auch die Anzahl der persönlichen Freundschaften, die zum Teil schon Jahrzehnte anhalten. Völkerverständigung im allerbesten Sinn.

Doch in allen Städten gibt es Befürchtungen, dass durch den Brexit die gegenseitigen Besuche komplizierter werden könnten. Dass neue Mitglieder noch schwieriger zu finden seien. Und die Schotten in Dumfries – wer sonst? – weisen darauf hin, dass Zuschüsse aus Brüssel in Zukunft fehlen werden.

Zwei Punkte, die für alle Städte gelten:

– Städtepartnerschaft funktioniert da besser, wo sich die Stadtverwaltung engagiert. Personal und Räume bereitstellt, bei der Organisation von Reisen und Unterbringung hilft, finanziell unterstützt. Und wo der Bürgermeister Zeit findet, mal beim Stadtpartner vorbei zu schauen.

– Der Nachwuchs fehlt. Die Idee der Partnerstädte entstand Anfang der 50er Jahre als unmittelbare Folge des Krieges. Die Generation dieser Zeit war mit Begeisterung dabei – auch weil Gruppenreisen und privates Unterkommen fast die einzige Möglichkeit waren, das Ausland kennenzulernen. Das ist heute natürlich völlig anders.

Aber Reisen in Partnerstädte haben Jüngeren auch heute noch einiges zu bieten. Beispiel Heywood, verbunden mit Peine. Der Vorort Manchesters ist eine sehr durchschnittliche englische Kleinstadt, liegt aber nur eine halbe Straßenbahnstunde vom Zentrum Manchesters entfernt. Und was hier an Musik, Mode, Clubs, Konzerten geboten wird, übertrifft zum Teil London. So ganz nebenbei wird das Schul-Englisch auf Vordermann gebracht, und man muss sich schon sehr anstrengen, um nicht ein paar neue Freunde zu finden und die ein oder andere gute Party mitzufeiern.

Der Nachteil: Man muss sich schon ein bisschen engagieren und mitorganisieren. Städtepartnerschaft funktioniert nicht von allein und ist kein Urlaubsangebot aus dem Katalog. Aber eine der besten Arten, ein anderes Land wirklich kennenzulernen.

Ein paar Kontaktadressen: Braunschweig: Deutsch-Englische Gesellschaft Braunschweig, www.deg-bs.de Königslutter: Friends of Taunton, http://www.friends-of-taunton.de Salzgitter: Deutsch-Englische Gesellschaft Salzgitter, http://www.deg-salzgitter.de/ Gifhorn: Dumfries friends, http://www.dumfries-friends.de/ Helmstedt: Helmstedter Verein für Städtepartnerschaften, http://www.hpv-online.de/partnerstaedte/chard-england.html