Mein perfektes Wochenende. Die Ehrenamtlichen vom Eisenbahn-Archiv retten alte Dias aus der Dampflok-Ära vor dem Verfall.

Das Braunschweiger Land ist nicht nur Auto-Land. Die Eisenbahn hat eine viel längere Tradition. Doch wie bewahrt man sie? Wie rettet man die Schätze der Vergangenheit? Um wenigstens die letzten Relikte uns und unseren Kindern zu sichern, haben acht Ehrenamtliche eine Stiftung gegründet – das Eisenbahn-Archiv. Wir werfen einen Blick in ihre Schatztruhe.

Stiftung – das hört sich gewaltig an. Doch Sprecher Hans-Georg Ahrens winkt ab: „Jeder der acht Stifter muss dazu zahlen, damit wir überhaupt finanziell über die Runden kommen.“ Noch nicht einmal für die Miete im Braunschweiger Hauptbahnhof-Gebäude reicht es. Dabei sind es nur zwei kleine schmucklose Büroräume, in denen die Stiftung untergebracht ist. Mittelständische Betriebe der Region haben kräftig gespendet, damit die Stiftung überhaupt lebensfähig ist.

Die Bildschirme und Computer hier wären nicht der Rede wert, wenn es nicht auch einen der mittlerweile raren Dia-Scanner gebe. Er verwandelt alte Dias in elektronische Daten. Dias, die vom Braunschweiger Eisenbahn-Fotografen Karl-Heinz Bebensee stammen. Ein Schatz. Denn diese Dias atmen förmlich Dampf und Ruß. Die Dampflok-Ära wird mit einem Schlage wieder wach.

Bei der Stiftung weiß man, welchen Schatz man hütet. Enthusiasten zahlen für gute Aufnahmen schnell dreistellige Summen. Besonders begehrt sind Farbaufnahmen – und davon hat die Stiftung Abertausende. Ganz leicht ließe sich jeder Finanz-Engpass beheben. „Doch das hieße: Die Sammlung müsste auseinander gerissen werden. Und das wollen wir nicht. Die Sammlung soll als Ganzes erhalten bleiben. Und das garantiert nur eine Stiftung“, erzählt Christian Ernst.

Das Erhalten ist unglaublich teuer. Denn 40 000 Dias rettet man nicht einfach im Handumdrehen. Will man sie für nachfolgende Generationen erhalten, müssen spezielle Dia-Hüllen verwenden werden, die das alte Film-Material nicht angreifen. Es ist nach mehr als 50 Jahren empfindlich. Die Farben drohen zu verblassen.

Um dem entgegen zu wirken, muss das Lagern in klimatisierten Räumen erfolgen. „Zum Glück hat das Stadtarchiv der Stadt Braunschweig zugesagt, die Dias einzulagern“, sagt Ernst. Doch Hitze im Sommer und Kälte im Winter sorgen momentan für enormen Zeitdruck, um die Dias für das Einlagern vorzubereiten. Das Dia muss dazu in elektronische Daten verwandelt werden.

Klaus-Jürgen Frick und Reinhold Vollmert sorgen dafür. Sie rechnen längst nicht mehr in Stunden oder Tagen, die sie damit zugebracht haben. Dabei haben sie eine Routine entwickelt, um binnen einer Minute ein Dia zu scannen. Schneller geht es nicht. Frick sagt: „Das Dia wird dazu nur in einer vergleichsweise geringen Auflösung gespeichert. Wollte man es perfekt haben, dauert es vier Minuten. Das würde jeden Zeitrahmen sprengen.“ Denn 11 000 Dias sind zwar schon umgewandelt worden. Doch 29 000 Dias warten noch darauf.

Weit mehr als ein Jahr beträgt die reine Arbeitszeit dafür noch. Vollmert und Frick sind zwar schon im Ruhestand. Doch Tag für Tag acht Stunden lang Dias scannen, das planen sie nicht. Zumal die Dias auch noch nicht so bearbeitet sind, damit sie ihre ganze Pracht entfalten könnten.

Und wo die Dias einst aufgenommen wurden und was genau sie zeigen, das ist auch noch nirgends erfasst. Eine Datenbank muss noch aufgebaut werden.

Ernst sagt dazu: „Es wird noch Jahre dauern, bis alles gesichtet ist.“ Eine Arbeit, die praktisch kein Ende nimmt. Denn unter den Eisenbahn-Enthusiasten der Region spricht es sich herum, dass die Stiftung Foto-Schätze für die Nachwelt bewahrt. Und so wächst die Sammlung. Aber es wächst auch der Berg von Fotos, Negativen und Positiven, die darauf warten, gesichert zu werden .

Eine Sisyphos-Aufgabe. Woher nimmt man die Kraft? Arndt sagt: „Wir machen das für die Öffentlichkeit. Und dass sich die Mühe lohnt, lässt sich am Staunen der Besucher ablesen, wenn wir unsere alten Bilder ausstellen.“

Wie sieht Ihr perfektes Wochenende aus? Sagen Sie uns Ihre Vorschläge über (0531) 39 00 320 oder an die Mail-Adresse: redaktion.wochenend@bzv.de