Braunschweig. Bei den Heimspielen der Braunschweiger Basketball Löwen wird Sven-Michael Jacobs zum Maskottchen Henri.

Auszeit im Spiel der Basketball Löwen gegen die Tigers Tübingen. Henri, das Maskottchen des Braunschweiger Basketball-Bundesligisten, entert das Parkett, einen Mini-Basketballkorb auf den Rücken geschnallt. Zwei Kandidatinnen verfolgen ihn beim Spiel „Löwenfangen“ – beide mit einem kleinen Ball in der Hand. Aber einen Korb gönnt Henri ihnen nicht. Stattdessen nutzt er die Breite des Basketballfeldes zur Flucht. Der Vorsprung reicht dann locker, um noch etwas mit den beiden Frauen zu kokettieren – mit sichtlich viel Spaß.

Unter Henris pelziger Fassade steckt Sven-Michael Jacobs. Seit 2009 personifiziert er das Maskottchen der Basketballer. „Ich mache das seit dem All-Star-Spiel in Mannheim“, sagt der 28-Jährige. Wie er dazu gekommen ist? „Durch meine große Klappe“, gibt Jacobs zu. Ein Maskottchen mimen, Blödsinn machen und dabei hinter der Maske unerkannt bleiben – das könne doch jeder. Kurzerhand kam der Anruf aus der Geschäftsstelle des Basketball-Bundesligisten. Am anderen Ende: Carsten Koch, Kaufmännischer Leiter der Löwen. „,Du hast doch gesagt, du kannst das‘, sagte er mir damals. Na ja, und dann bin ich nach Mannheim gefahren“, erinnert sich Jacobs.

Und so kam Sven-Michael Jacobs ganz unvermittelt zu seinem neuen Hobby. Ab der Saison 2009/2010 schlüpfte er dauerhaft ins Maskottchen-Kostüm. Vorher war übrigens laut eigener Aussage ein „Karnevals-Kostüm“ das höchste der Gefühle. Seitdem flitzt er mit dem Segway durch die VW-Halle, foppt die Gästeteams, tanzt im Funkenmariechen-Stil und beschäftigt die Jüngsten im Publikum – und schwitzt unter Henris flauschigem Fell. Wie warm es genau in Henris Innenleben wird, hat Jacobs noch nie gemessen. „Mein T-Shirt ist nach den Spielen aber komplett nassgeschwitzt. Teilweise bekommt auch noch das Trikot über meinem Kostüm etwas ab. Ich trinke während der Partien deshalb auch ungefähr drei Liter Wasser“, verrät Jacobs. Das muss dann auch manchmal heimlich geschehen. Klar, der Nimbus des Maskottchens soll nicht so offensichtlich gebrochen werden. Da liegt Henri dann schon mal in unbequemer Haltung hinter der Spielerbank, während der Maskottchenkopf hoch rutscht, um der Wasserflasche Platz zu machen. Erkennen soll ihn dabei niemand.

Übrigens hilft bei einer solchen Freizeitbeschäftigung eine – sagen wir – etwas extrovertierte Art. Andere foppen und sich selbst nicht ganz so ernst nehmen, das ist nicht unbedingt etwas für jeden Charakter – trotz des Maßes an Anonymität, das die Maske spendet. „Das macht es mir schon etwas leichter. Mir sind aber einfach wenige Dinge peinlich“, sagt Jacobs lachend. Auch im Interview gibt sich der Braunschweiger locker und humorvoll. Vielleicht, weil er schon ein Stück weit mit seinem Alter Ego verschmolzen ist: „Ich werde schon oft mit Henri angesprochen. Außerdem sage ich auch nicht, ich ziehe mich um, sondern, ich hole Henri“, sagt Jacobs, der sonst als Brandmeister bei der Berufsfeuerwehr arbeitet.

Doch das Maskottchen-Dasein birgt auch Gefahren. Zumindest, wenn man sich zu sehr verspielt. Vor einigen Jahren fuhr Henri mit seinem Segway über das Parkett, drehte seine Runden. So weit, so normal. Einen kurzen Moment der Unachtsamkeit später, stieß er plötzlich mit dem früheren Braunschweiger Spielmacher Heiko Schaffartzik zusammen. „Der hat das aber mit Humor genommen“, sagt Jacobs. Vielleicht hing der Beinahe-Unfall auch mit der Sicht zusammen. Die ist in der abnehmbaren Kopf-Konstruktion nämlich durchaus eingeschränkt. Aus dem Inneren muss sich Jacobs sein Sichtfeld etwas erarbeiten, schaut durch Henris Maul, Nase und Augen nach draußen. Das Kostüm durfte der Braunschweiger übrigens mitgestalten. Dafür sprang ein Ausflug nach Polen für ihn heraus – zu einer großen Maskottchen-Manufaktur.

Und wie läuft das Zusammenspiel mit den Kleinsten im Publikum? „Es ist schon schön, wenn man den Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann. Wenn sie sich nach anfänglichem Zögern doch trauen, mit mir abzuklatschen, und sich danach freuen. Das macht schon Spaß.“

Dabei nehme Jacobs für seine Aktionen immer die Vorlagen der Zuschauer auf, geht auf sie ein. Sämtliche von Henris Aktivitäten laufen nämlich spontan. Na ja, beinahe sämtliche. In den Auszeitspielen und seinen Tanzeinlagen mit dem Dance-Team der Basketball Löwen liegen kleine Ausnahmen. Da ist zumindest das Grundkonzept vorher klar. Viel Zeit fürs Training muss Jacobs also nicht investieren – fast gar keine, wie er verrät. Die zwei Kandidatinnen waren im Spiel trotzdem chancenlos. Einen Korb erzielte niemand. Die Belohnung dafür: Henris liebevoller Spott.