Helmstedt. Mein perfektes Wochenende – Entspannung oder sportliche Herausforderung, eine Fahrt mit dem Tretroller lohnt sich immer.

Schau mal, Mama, ein Roller“, brüllt der Junge völlig aus dem Häuschen und zappelt und zerrt an Mutterns Rock. Hätte er bei gleicher Gelegenheit ein Fahrrad gesehen, es wäre ihm vermutlich schnuppe gewesen. Aber solch ein Tretroller!!! „Mama, der Hammer.“

Hier könnte unsere Geschichte schon enden. Alles gesagt. Und der Prachtjunge bekäme eine Riesenportion Eis für sein großartiges Urteilsvermögen. Aber das hier ist Zeitung. Sie erwarten mehr. Kein Problem. Ein Roller gibt das her. Aufs Trittbrett also, festhalten und los.

Die journalistische Mühe, Nutzen und Frommen dieser Zweiräder zu beschreiben, lohnt sich. Denn allzu viele Besitzer gibt es nicht in unserer Region. Womöglich haben Sie noch nie einen Tretrollerfahrer in freier Wildbahn erlebt. Statistisch betrachtet ist das sehr wahrscheinlich.

Die Rede ist hier nicht von Puki-Rollern für Kinder. Auch nicht von Scootern oder Cityrollern, diesen drolligen Spielzeugen. Nein, es geht um die erwachsene Variante: Sport-Tretroller mit 26-Zoll-Bereifung und die handlicheren Kickbikes, die hinten mit einem 16-Zoll-Reifen auskommen.

Die wenigen Hüter des Grals, die in Braunschweig oder Wolfsburg auf einem Roller unterwegs sind, stoßen bisweilen auf weniger talentierte Beobachter als den jungen Freund vom Anfang unserer Geschichte. Sie rufen einem gerne „Was ist denn das für ein Fahrrad?“ hinterher.

Sprechen wir für den Anfang bitte alle nach: „Ein Roller ist keeeeeiiiiin Fahrraaaaaaad!“ Gut so. Und ich erkläre Ihnen gerne, warum das so ist. Ein Roller hat keinen Sattel. Er hat auch keine Antriebskette und keine Gangschaltung. Unverzichtbare Komfortmerkmale für die einen, lästiges Beiwerk für die anderen. Immerhin: Rollerfahrer tragen keine Hosenbeinklammern, weil es keine öligen Komponenten gibt, an denen man sich einsauen kann. Überhaupt sind Wartungsaufwand und Reparaturanfälligkeit bei einem Roller viel geringer als bei einem Fahrrad.

Dafür ist die Anstrengung bei der Fortbewegung viel größer. Noch ein Vorteil also. Wer mit einem Tretroller größere Strecken und dann auch noch Steigungen bewältigen möchte, der braucht Dampf in den Beinen. Aber eben nicht nur in den Beinen, wie beim Rad. Fast der ganze Körper muss ackern, um einen Roller auf Tempo 20 zu beschleunigen. Eine Geschwindigkeit, die nur bei sehr guter Kondition und solider Tritt-Technik über längere Distanzen aufrecht erhalten werden kann. Anders gesagt: Ein Roller ist ein Monster-Trainingsgerät. Eine halbe Stunde Vollgas, und die Muskeln wissen nicht mehr wohin vor lauter Kraft. Auf dem Trittbrett zu stehen, nur wenige Zentimeter über dem Boden, hat zudem etwas Erhabenes. Tretrollerfahrer können sich wie ein Gondoliere oder wie ein Surfer fühlen. Sprich: Dieses Gefährt löst jede Menge positive Emotionen aus.

Einkäufe am Wochenende, Ausflüge zum nächsten Badesee oder Fernfahrten von Braunschweig nach Berlin: Ist alles machbar auf dem Roller. In 20 bis 30 Stunden ist die Hauptstadt für Könner erreichbar. Allerdings gibt es ein Problem. Tretroller-Nutzer werden als Verkehrsteilnehmer so eingestuft wie Inline-Skater oder Skatebord-Piloten. Sie gelten, kurios genug, als Fußgänger. Das bedeutet: Gehwege benutzen statt Straßen und Fahrbahnen nur dann, wenn es keinen Gehweg gibt. Radwege sind für Tretroller rechtlich betrachtet tabu. Zum Glück aber gibt es eine an der Realität orientierte Praxis der friedlichen Koexistenz, die Rollerfahrern eine gewisse Bewegungsfreiheit lässt – auch auf Radwegen. Was mit ihrer geringen Anzahl zusammenhängen dürfte.

Wer Appetit auf den Tretroller als Alternative oder Ergänzung zum Fahrrad bekommen hat und mit einer Anschaffung liebäugelt, der sollte sich im Internet schlau machen, denn es gibt nur sehr wenige Läden, die Roller vertreiben. Für 350 Euro sind einfache Modelle zu haben, auf Auktionsplattformen auch günstiger.