Mein perfektes Wochenende. Zwischen Pazifik und Südsee erkunden die Eheleute Heike Baligand und Ernst Eicke die Welt.

Majestätisch erhebt sich der Ngauruhoe bis zur Wolkendecke. Vom Februar 1975 datiert der letzte Ausbruch des 2291 Meter hohen Vulkans. Die Lava ist längst erkaltet, doch wer weiß, wie es innen drin im Gestein ausschaut? Der mächtige Berg auf der Nordinsel Neuseelands ist weltberühmt, spätestens seitdem er eine Nebenrolle im Hollywoodepos „Herr der Ringe“ spielte. Das lockt Touristen an – darunter waren erst vor wenigen Tagen Heike Baligand (58) und Ernst Eicke (63).

Ende Januar brach das Ehepaar aus Braunschweig zu einer Weltreise auf. Über Dubai flogen sie nach Australien, nach kurzem Aufenthalt ging es weiter nach Neuseeland. Jeweils sechs Wochen Süd- und Nordinsel stehen auf ihrem Reiseprogramm. Bald erkunden sie pazifische Traumstrände: Cookinseln, Französisch-Polynesien, Hawaii. Zuletzt führt sie die Reise mit einem Kreuzfahrtschiff nach Los Angeles, wo sie zum Abschluss die US-amerikanische Westküste abfahren.

Baligand und Eicke sind seit 24 Jahren liiert – viele Lebensereignisse verbinden die Eheleute, das Reisen mit am meisten. „Wir waren in allen fünf Kontinenten unterwegs, mehr als 30 Länder haben wir besucht – zum Beispiel Südafrika, Peru, Nicaragua, die Karibik, Südostasien“, zählt Heike Baligand auf. „Und in Europa waren wir überall dort, wo früher die Römer waren“, sagt die Fachseminar-Leiterin und lacht. Der Grund: Könnte ihr Mann – ein pensionierter Grundschul-Rektor und studierter Historiker – wählen, er wäre wohl gerne als Römer zur Welt gekommen.

Eicke schmunzelt, dann erklärt er: „Das Faszinierende am Reisen ist, einen Eindruck zu bekommen, wie andere Menschen in anderen Ländern leben, und zu sehen, dass auch dort die Bauten 2000 Jahre überstehen. So realisiert man immer wieder, dass sich die Geschichte wiederholt – überall.“

Die Idee, einmal das andere Ende der Welt zu besuchen, speziell Neuseeland, gefiel beiden schon lange. „Ich fand es schon immer faszinierend, wenn ich von Leuten gelesen habe, die einfach mal für längere Zeit von Zuhause weg waren. Durch Krankheiten und Schicksalsschläge wurde uns klar, dass man bestimmte Träume nicht aufschieben darf, denn sonst erfüllen sich die nie“, meint Baligand.

Als sie sich einmal aufs Reiseziel Neuseeland geeinigt hatten, stand für sie schnell fest, die „Great Walks“ zu absolvieren wollen, die schönsten Wanderwege des Landes. Da es entlang der Routen nur wenige Hütten gibt, buchten sie bereits im Februar 2015 – also ein Jahr vor Abreise – ihre Schlafplätze. Erst danach gingen sie die Planung für die weitere Weltreise an.

Als klassische Wanderer verstehen sich beide nicht. Ein Land oder eine Stadt zu Fuß zu ergehen, ist ihnen wichtig, um möglichst viele Eindrücke zu sammeln. „Ein Beispiel: Wenn man durch Neuseeland wandert und sich von einem Aussichtspunkt mal 20 Meter zur Seite bewegt, hat man dort gleich eine ganz andere Wahrnehmung“, erklärt Eicke. Die Natur erlebe man intensiver, was noch dadurch verstärkt werde, dass auf den Wanderwegen kaum andere Menschen unterwegs sind. „Man geht 20 Kilometer, trifft keine 20 anderen Wanderer – dafür hat man mindestens 100 Mal ‚wow‘ gesagt“, berichtet Eicke.

Je näher das Abreisereisedatum rückte, umso drängender stellte sich eine entscheidende Frage: Was packt man ein – und was nicht. Beide nahmen jeweils einen Koffer und einen Rucksack mit. Nun kann es sich in Neuseeland zutragen, dass man zuweilen vier Jahreszeiten an einem Tag erlebt. Aktuell ist dort Spätsommer – ideal zum Wandern –, aber im Hochgebirge herrschen zuweilen frostige Temperaturen.

Im Gepäck landeten daher schnell-trocknende Funktionswäsche, eingelaufene Wanderschuhe und Regenkleidung genauso wie Sonnenhüte. „Wenn wir in die Südsee reisen, benötigen wir Schnorchelsachen und auf dem Kreuzfahrtschiff brauche ich das Kleine Schwarze und mein Mann ein Jacket. Wenn wir Neuseeland verlassen, schicken wir Schlafsäcke, Skiunterwäsche und Regenhosen per Post zurück nach Braunschweig“, sagt Baligand.

Ein weiterer wichtiger Punkt für eine Weltreise sind die Finanzen. Ein festes Tagesbudget hat sich das Paar nicht gesetzt, dafür kalkulieren sie klug. „Alle touristischen Dienstleistungen gehen richtig ins Geld, insbesondere Transporte zu und von den Wanderwegen oder Bootsfahrten. Wir sind zwar meist Selbstversorger, aber Lebensmittel sind auch teuer. Wir können die Kosten eigentlich nur durch günstige Wohneinheiten mit Küche in Grenzen halten“, verrät Ernst Eicke.

Kostverächter sind sie trotzdem nicht: „Wenn wir ein tolles Restaurant sehen, verzichten wir gerne auf Salat und Brot aus dem Supermarkt“, sagt Eicke, und gerät ins Schwärmen: „In diesen Tagen avancierte für mich ein Kaffee am Morgen zum absoluten Luxus. Von Rotwein am Abend vor der einsamen Hütte mit Blick auf den Strand und das Meer ganz zu schweigen.“ Und er verrät noch: „Auch eine Toilette in der Nähe zur Hütte ist perfekt – wer mag schon nachts mit einer Taschenlampe 50 Meter durch den Regenwald zum Plumpsklo gehen?“

Beide haben Arbeitsteilung vereinbart – der Mann ist für Finanzen, Kochen und Wäsche zuständig, die Frau erledigt Einkäufe und Tagesplanung. Wie kommt man auf so einer so langen Reise gut miteinander aus? „Jeder Tag ist ein Abenteuer. Wir sind immer gespannt, wo wir am nächsten Tag schlafen. Außerdem haben wir auf unserer Reise so viele Höhepunkt erlebt, dass die Laune ganz oben ist“, freut sich Baligand.

Das Osterfest feiert das Paar in Napier. 1931 fiel die Küstenstadt einem Erdbeben zum Opfer und wurde im Art déco-Stil wiederaufgebaut. „Die Gegend ist bekannt für ihre guten Weine“, freut sich Baligand. Damit Familie und Freunde in der Heimat wissen, was das Paar erlebt, führen sie ein Internettagebuch. Können Sie sich vorstellen, ihre Zelte in Deutschland komplett abzubrechen? „Im Moment möchten wir hier gar nicht weg“, sagen sie, „und es gibt noch so viele Reiseziele, dass ein fester anderer Standort nicht infrage kommt. Darüber hinaus sind uns unsere Töchter das Wichtigste – auf die wollen wir auf keinen Fall verzichten.“