Salzgitter. Umweltminister Meyer „versteckt sich bei Schacht Konrad-Genehmigung hinter Vorschriften“. Das genau sind die Vorwürfe aus Salzgitter.

Mit Enttäuschung, Unverständnis und auch Entsetzen reagierten Politik und Verwaltung aus Salzgitter am Dienstagmittag auf die Ankündigung von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer, dass er beabsichtige, den Antrag auf Rücknahme der Konrad-Genehmigung abzulehnen. Wir haben uns nach der Verkündung im Umweltministerium in Hannover und in Salzgitter umgehört.

Frank Klingebiel zur Konrad-Entscheidung: „Meyer versteckt sich hinter den Vorschriften“

„Ich glaube ja eigentlich an das Gute im Menschen“, sagte Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU). Doch am Ende hätten sich seine Befürchtungen doch bewahrheitet. „Ich bin enttäuscht, dass der Minister nicht den Mut hat, die Fragen, die wir ins Feld geworfen hatten, überprüfen zu lassen und zu beantworten. Diese Ablehnung unseres Antrages ist eine rein formaljuristische Entscheidung“, erläuterte Klingebiel. Dass sich Meyer „hinter den Vorschriften verstecken werde“, hätte er so nicht erwartet.

Frank Klingebiel am Dienstag während der Pressekonferenz im niedersächsischen Umweltministerium.
Frank Klingebiel am Dienstag während der Pressekonferenz im niedersächsischen Umweltministerium. © dpa | Philip Dulian

Enttäuschung beim Bündnis gegen Konrad über vorläufige Entscheidung

„Der Minister hat in Hannover gesagt, dass er sich politisch eine andere Entscheidung wünschen würde. Auch wenn die rechtliche Bewertung gegen unseren Antrag ausgegangen sei. Aber: Für eine politische Initiative werde er sich jetzt nicht starkmachen“, berichtete Klingebiel aus Hannover. Eine Bundesrats-Initiative habe der Minister ausgeschlossen. Mit der Begründung, dass er dann 15 Länder habe, die dagegen seien, weil sie eine solche Anlage nicht in ihrem Land haben wollten. „Dass er da nicht einmal einen Versuch unternimmt, hat mich wirklich enttäuscht“, sagte Salzgitters Oberbürgermeister.

Die Verzögerung ist nicht gut, weil das die gerichtliche Prüfung weiter hinausschiebt und in der Zeit weiter Fakten geschaffen werden.
Frank Klingebiel

Bleibt nun also nur noch der Klageweg? Vermutlich werde es darauf hinauslaufen. Aber, so Klingebiel: „Er hat ja eine vorläufige Entscheidung getroffen. Jetzt haben wir acht Wochen Zeit, Stellung zu beziehen. Das wird dann sowohl im Ministerium als auch bei der Bundesgesellschaft für Endlagerung wieder bewertet werden, so dass sich das Verfahren weiter verzögert.“ Die endgültige Entscheidung aus dem Ministerium würde dann wohl kaum vor Ende des nächsten Jahres kommen. „Das ist nicht gut, weil das die gerichtliche Prüfung weiter hinausschiebt und in der Zeit weiter Fakten geschaffen werden“, betonte Klingebiel. Dass BUND, Nabu und das Bündnis Salzgitter gegen Schacht Konrad jetzt auf jeden Fall klagen werden, war dem Oberbürgermeister am Dienstag nicht zu entlocken. „Wir müssen uns die 95-seitige Begründung des Ministeriums erst einmal in Ruhe ansehen. Dann werden wir entscheiden. Ich gehe aber schon davon aus, dass wir klagen werden.“

Ist Schacht Konrad in Salzgitter überhaupt sicher auf lange Zeit ?

Petra Wassmann, Konrad-Beauftragte des Nabu-Niedersachsen, sagte nach der Pressekonferenz ebenfalls: „Es steht natürlich eine Klage im Raum. Wir haben bisher nichts gehört, was unsere Einschätzung in dieser Hinsicht verändern würde.“ Und weiter: „Wir sind eigentlich davon ausgegangen, dass heute eine endgültige Entscheidung fällt, die wir dann prüfen können.“ Da die Entscheidung nun sozusagen verschoben wurde, haben die Bündnispartner keine Basis, mit der sie juristisch weiterarbeiten können. Wassman sagte: „Vernünftig wäre es, wenn das Ministerium die Genehmigung zurückgezogen hätte. Die Prüfung war aber nur rein formaljuristisch.“ Das habe dazu geführt, dass einige Argumente des Bündnisses gegen Konrad gar nicht beachtet wurden.

Wassmann macht das an der Rückholbarkeit des Atommülls fest. „Diese Sicherheitsanforderung sollte eigentlich für alle Arten von Atommüll gelten. Dafür gibt es aber noch keine gesetzliche Grundlage und sie ist damit nicht Bestandteil dieser Prüfung“, sagte Wassmann. Bei einer Klage gegen den finalen Bescheid könnten die Bündnispartner diese fachlichen Argumente allerdings ins Feld führen. Wassmann fügt an: „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Langzeitsicherheit für Konrad nicht nachgewiesen ist.“ Der Minister verzögere so nur die Abläufe. Das sei aus Wassmanns Sicht nicht sinnvoll. Sie resümiert: „Ich denke, ihm war klar, dass er mit einem Nein eine richtige Welle lostritt. Und die kann jetzt nicht los schwappen, weil er da ein Stauwerk eingelegt hat.“

Landtagsabgeordneter Klein: „Schacht Konrad eignet sich weiterhin nicht als Endlager“

Stefan Klein, SPD Ratsmitglied und Landtagsabgeordneter, kommentierte: „Enttäuschend ist die heutige Entscheidung des Umweltministeriums. Die detaillierten und nachvollziehbaren Antragsunterlagen von BUND und Nabu ließen hoffen, dass ein Ende der Planungen für dieses Lager aus inhaltlichen Gründen ernsthaft in Betracht kommt. Jetzt gilt es, die schriftliche Ablehnungsbegründung im Detail zu lesen und zu bewerten, um weitere rechtliche Möglichkeiten prüfen und auf den Weg bringen zu können. Aus meiner Sicht eignet sich der Schacht Konrad weiterhin nicht für eine Endlagerung atomaren Mülls.“

Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen), Umweltminister von Niedersachsen, hat seine vorläufige Entscheidung in Hannover verkündet.
Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen), Umweltminister von Niedersachsen, hat seine vorläufige Entscheidung in Hannover verkündet. © dpa | Philip Dulian

Vorentscheidung über Endlager Schacht Konrad in Salzgitter: Das sagen die Ratsfraktionen

„Das habe ich befürchtet, aber auch erwartet“, kommentierte Thomas Huppertz, CDU-Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Salzgitter, die Entscheidung Meyers. Für Salzgitter allerdings hatte sich der Sauinger eine andere Entscheidung erhofft. „Wir werden den Klageweg gehen müssen. Bis zum Schluss“, kündigte er an. „Der Kampf gegen Konrad wird weitergehen.“

Ähnlich äußerte sich Frank Miska, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion: „Das ist eine vertane Chance für Salzgitter. Wir sind sehr enttäuscht.“ Aber: „Wir werden nicht locker lassen und weiter alles versuchen, um Konrad zu verhindern.“ Es sei auch die Chance vertan, dass Konrad noch einmal auf den Prüfstand komme. „Ich kann bis heute nicht verstehen, dass die Transport-Studie in dem Genehmigungs-Verfahren nicht berücksichtigt wurde. Wir werden nicht aufhören, gegen die Einlagerung von Atommüll in Schacht Konrad zu kämpfen.“

Konrad-Vorentscheid ist für Politiker in Salzgitter ein „Schlag ins Gesicht“

Als die Vorsitzende der Ratsgruppe Grüne/Die Partei, Julia Mefs, von der Entscheidung Meyers am Telefon hörte, atmete sie zunächst tief durch. „Ich war schon vor mehr als 40 Jahren als Kind bei den ersten Fackelzügen dabei. Die Ratsgruppe wird jetzt trotz alledem weiterkämpfen für den Stopp von Schacht Konrad“, sagte sie dann. Sie sei „entsetzt“.

Andreas Böhmken, Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion, urteilte hart. Aus seiner Sicht wäre eine Rücknahme der Genehmigung angesichts der vielen Millionen, die bereits in die Schachtanlage und das Verfahren geflossen seien, eine „harte Entscheidung gewesen“. Aber: „Die Sicherheit geht doch vor. Diese Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht aller, die seit Jahrzehnten gegen Konrad kämpfen.“

Linke: „Konrad in Salzgitter hätte nie genehmigt werden dürfen“

„Wir müssen uns die Begründung jetzt in Ruhe im Detail anschauen. Aber, bei allem, was ich heute bisher gehört habe, halte ich das Ergebnis nicht für in Ordnung“, erklärte der Vorsitzende der Ratsfraktion „Die Linke“, Hermann Fleischer. „Konrad ist für die Einlagerung von Atommüll nicht geeignet. Das Umweltministerium versteckt sich hinter formalen Gründen“, kritisierte Fleischer. Fakt sei: „Konrad hätte nie genehmigt werden dürfen.“

„Wir bedauern die Entscheidung des Ministers und werden uns jetzt mit den Antragstellern über das weitere Vorgehen abstimmen“, sagte Heike Dähndel, Geschäftsführerin des Fraktionsbüros der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. „Auch unsere oberste Priorität ist die Sicherheit. Und daher kann Schacht Konrad am Ende gar nicht genehmigt werden.“