Rust. Der Neusiedler See versetzt Wein- und Vogelfreunde in Hochstimmung. Im Sommer wird er sehr warm.

Das Mädchen, ganz aus dem Häuschen: „Mutti – überall Störche!“ Darauf die Mutter: „Aber natürlich, deshalb sind wir ja in Rust.“ An die 40 der großen Schreitvögel bevölkern die Dächer des Winzerstädtchens am Neusiedler See. Ihre Schatten wischen über den zum See hin abfallenden Marktplatz mit seinen barocken Bürgerhäusern, den Weinwirtschaften, die hier „Buschen- schanken“ heißen, und Kirchen. Der Marktflecken mit seinen 1700 Bewohnern ist seit je her als „Storchenstadt“ bekannt. Aber seit 2005 auch als „die Stadt des Winzerkönigs“. 39 Folgen dieser Serie wurden rund um den Neusiedler See gedreht, mit Harald Krassnitzer in der Titelrolle.

Ein Viertel der Gewässerfläche gehört zu Ungarn

Es war die erste Fernsehserie, die im Burgenland spielte, der exotischsten Region Österreichs. Einem Landstrich ganz ohne Berge und Tunnel, der statt Almen Steppen vorzuweisen hat. Der nicht mit Speck und Bergkäse lockt, sondern mit Blaufränkischem, Zweigelt, Sankt Laurent und anderen Weinspezialitäten. Es war denn auch ein alteingesessener Ruster Weinbauer, der den Stein damals ins Rollen brachte: Hans Feiler vom Weingut Feiler-Artinger gewann die TV-Produzenten für die Aura des Winzermilieus wie für den elegischen Zauber der Landschaft rund um den großen, seichten Steppensee, mit 285 Quadratkilometern dreimal so groß wie die Müritz. Rund drei Viertel davon gehören zu Österreich, ein Viertel zu Ungarn. Wenn im Frühjahr und Herbst Scharen von Zugvögeln hier Station machen, geben sich über 300 Arten ein Stelldichein – etwa 60 Prozent aller europäischen Arten. Der Jackpot für jeden Vogelfreund. Mit lichtstarken Fernrohren bewehrt, das Bestimmungsbuch griffbereit, ziehen sie in großen Gruppen durchs Gelände. Es schnattert, zirpt und trällert allenthalben.

Blickt man aus den Ruster Weinbergen hinab zum See, wirkt er wie eine Fata Morgana. Ein Planschbecken mit einer maximalen Tiefe von gerade mal 1,80 Metern. Im Sommer wird das Wasser badewannenwarm, im Durchschnitt hat er dann 23 Grad, bei Dauerhitze bis 30 Grad. In den Strandbädern Podersdorf oder Neusiedl stürzen sich viele Einheimische ins „Meer der Wiener“. In manchen Wintern gefriert der See dagegen bis auf den Grund, sodass all seine Fische verenden. Wasser- und Watvögeln aber bieten die Lagunen und Schilfgürtel einen idealen Lebensraum. 1993 wurde der Nationalpark grenzüberschreitend gegründet.

Abends trifft man sich im Gasthaus „Zur Dankbarkeit“, einem Traditionslokal mit regionaler Küche und eigenem Weinbau. Beim Gang von Tisch zu Tisch lässt es sich Chef Josef Lentsch nicht nehmen, einen weinkundlichen Vortrag anzuschließen. Die Cuvées haben unwiderstehliche Namen: „Dankbarkeit weiß“, „Dankbarkeit rosé“, „Dankbarkeit rot“.

Burgenländische Weine, das bedeutet meist Rotweine. Heinz Velich aber schert aus der Reihe. Das Sumpfland östlich des Sees bietet ein besonderes Terroir, dessen mineralischer Charakter insbesondere weißen Weinen gut bekommt. Die von Heinz Velich zählen zu den gesuchtesten in ganz Österreich. Zwei Drittel seiner Weingärten liegen im Nationalpark. Winzer Velich: „Der Park vermittelt ein Schutzgefühl, eine Ruhe und Stärke, die in den Weinen durchkommt.“