Groningen. Die niederländische Stadt Groningen steht am 27. April im Zeichen des Ehrentages für König Willem Alexander.

Historische Fassaden, viele junge Leute: Der Kontrast ist reizvoll. Ein Viertel der rund 200 000 Einwohner der niederländischen Hansestadt sind Studenten, entweder an der 400 Jahre alten Rijksuniversiteit oder an der Hanzehoogschool, der Fachhochschule von Groningen. Nicht nur sie feiern gerne, wenn am 27. April „Koningsdag“, Königstag, ist. Die Nacht davor und dann den ganzen Tag wird es zu Ehren von Willem Alexander, der in diesem Jahr 50 wird, ein großes Programm geben. Für die Stadt bedeutet der hohe Studentenanteil Leben rund um die Uhr. Etwa 500 Kneipen, Bars und Cafés locken, dazu kommen 200 Restaurants. Eine Sperrstunde wie in anderen niederländischen Städten gibt es in Groningen nicht. Das hat man sogar Amsterdam voraus.

Überhaupt wird Groningen – obwohl viel kleiner – oft mit Amsterdam verglichen und kommt dabei aus Sicht der Groninger viel besser weg. „Ich bekomme hier alles, was mir eine große Stadt bieten muss: Theater, Museen, Kulinarik und Nachtleben“, sagt Fremdenführer Titus Akermans, 58. Seine Kollegin Sophie Dinglinger ist 24 und unter den 50 000 Studenten in Groningen eine von 5000 Deutschen. „Ich bin wegen des Studienangebots hergekommen. Vorher hatte ich von Groningen nie etwas gehört, aber jetzt tut es mir fast leid, dass ich nach dem Studium wohl wieder wegziehen muss, um Arbeit zu finden.“

Von Wasser umgeben

Das Leben in Groningen findet größtenteils in der Altstadt statt, zwischen der Martinikirche am Grote Markt und der Aa-Kirche am Fischmarkt, zwischen Akademiegebouw und Groninger Museum. Rund um die Altstadt herum ist Wasser. Das Flüsschen Reitdiep und zwei Kanäle, die das Binnenland erschließen, bilden den Stadtgrabenring. Hier drängen sich die Hausboote, und hier waren einst Groningens Häfen. Alte Lagerhäuser, heute Wohn- und Bürolofts, auf beiden Seiten der Kanäle zeugen heute noch davon.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Groningen 1080. Siedler waren schon in der Steinzeit hier, Groningen liegt sichere acht Meter über dem Meeresspiegel am Ende einer langen sandigen Erhebung in der flutgefährdeten Marsch. Die Stadt war Mitglied der Hanse und blühte im goldenen Zeitalter der Niederlande im
17. Jahrhundert mit auf. Neuen Reichtum brachten Erdgasfunde der 50er-Jahre in die Region.

Außerhalb des Stadtgrabenrings wird gewohnt und gearbeitet. Innerhalb wird das Leben genossen. Zentrum des Nachtlebens ist der Grote Markt. Ab 21 Uhr füllt sich der Platz. Eine Besonderheit ist das Drie Gezusters: Auf mehrere Häuser und Stockwerke verteilt beherbergt der Gastronomiekomplex 20 verschiedene Bars – davon zwei mit rotierendem Tresen, fünf Tanzflächen und ein Hotel. Wenn jeder Sitz besetzt ist, hat das Drie Gezusters 3750 Gäste und immer noch Stehplatzkapazitäten.

Gemütlich im Bruin Café

Es geht auch dezenter. Titus Akermans geht gerne ins Wolthoorn in der Turftorenstraat. Das ist ein traditionelles Bruin Café, wie die niederländischen Kneipen aufgrund ihrer über die Jahre patinierten hölzernen Inneneinrichtung heißen. Hier gibt es Bier,
Genever und Geselligkeit, hier treffen sich montags die feinsinnigeren Studenten zum Go-Spielen im Schankraum, während im Saal dahinter Poetry-Slams und Lesungen stattfinden. Tagsüber lohnt es sich, durch die Altstadt zu bummeln. Weil die Gassen eng und die Häuser klein sind, haben große Ketten es gar nicht versucht, Kaufhäuser in der Innenstadt zu eröffnen, und bleiben außerhalb des Grabens. Innerhalb gedeihen originelle Geschäfte wie der Schuhladen Schoenenfabrik. An allen Sonntagen sind Groningens Geschäfte geöffnet.

Feiern, shoppen – und wie steht’s mit der Kultur? Die Rijksuniversiteit hat in diversen Fachbereichen Weltspitzenniveau, neun Theater gibt es in der Stadt, die Museumsszene ist klein, aber erlesen. Das Groninger Museum ist sehenswert. Der 1994 eröffnete Bau im Stadtgraben wurde unter anderem von Designer Alessandro Mendini, Architekt Phillipe Starck und dem
Architekturbüro Coop Himmelb(l)au entworfen. Jeder Gebäudeteil hat seinen eigenen Stil. Innen geht es um Groninger Geschichte und zeitgenössische Kultur. Die Groninger Innenstadt ist klein genug, um bequem zu Fuß erkundet zu werden.

Ist man ein paar Tage länger da, lohnt es sich, ein Rad zu leihen – zum Beispiel am Bahnhof – und in die Provinz hinauszufahren. Entlang der Reitdiep gibt es reizvolle Routen. In der Stadt selbst ist es nicht so einfach, sein Rad abzustellen – viele Niederländer kommen einem dabei zuvor.