Boston. In den USA und Kanada verwandelt der Herbst viele Wälder in ein Meer aus Gelb und Rot.

In Europa ist er berühmt als Indian Summer, im amerikanischen Sprachraum heißt er politisch korrekter „Fall Foliage“ (Herbstlaub). Gemeint ist in beiden Fällen ein Phänomen in den USA und in Kanada.

Von Mitte September bis Ende Oktober färben sich in einigen Regionen die Laubwälder von gelbbraun bis knallrot. Wer sich jetzt kurzfristig zum Urlaub dort entschließt, erlebt bei Auto- und Wandertouren sein Naturwunder und reist bei angenehmen Spätsommertemperaturen.

Der Wandel

Derzeit stehen die Zeichen in den Neuenglandstaaten auf „turning“. Das heißt, viele Bäume sind grün, doch das Gelb ist auf dem Vormarsch und das Rot nicht mehr weit. Wenn die Nächte kalt werden, starten Ahorn, Roteichen, Buchen, Eschen und weitere Laubbäume ihr „Winterschutzprogramm“. Wertvolles Chlorophyll, Proteine und Stickstoff werden in Stamm und Wurzeln eingelagert. Karotine, die für Gelb- und Brauntöne sorgen, bleiben im Blatt.

Neu gebildet werden dann Anthocyane: Die intensiv roten Blätter schützen die Bäume in der Übergangsphase vor zu viel Sonne. Wenn auch die Tage frostig werden, meldet das System: Blätter abwerfen!

Die Regionen

Weil manchmal im Herbst in den Neuenglandstaaten noch Temperaturen von 20 Grad erreicht werden, kam es vermutlich zur Bezeichnung „Indian Summer“. Der atemberaubende Waldfarbenrausch beginnt im Norden und „wandert“ dann nach Süden;
erst sind die Berge dran, dann die Küste.

Wer kurzfristig reist, hat zunächst im kanadischen Ontario (Tipp: Georgia Bay, Killarney) und in Quebec gute Chancen auf „Bäume in Flammen“. In Massachusetts empfiehlt Anngret Rossol, USA-Produktmanagerin vom Spezialreiseveranstalter Canusa aus Hamburg, die Berkshires und in Maine den Acadia-Nationalpark als Indian-Summer-Hotspots: „Hier lassen sich Eindrücke aus den Bergen mit Urlaub an der Küste verbinden.“

Das kleine Vermont im Binnenland wirbt damit, das ultimative Ziel zu sein: Drei Viertel des Bundesstaates sind bewaldet. Unter den vielen Ahornbäumen punktet insbesondere der Zuckerahorn im Oktober mit flammendem Rot. Beate Hall, Produktmanagerin bei Meier’s Weltreisen, empfiehlt unter anderem die Great Smokie Mountains in North Carolina für Indian-Summer-Besucher.

Canusa-Chef Tilo Krause-Dünow schwärmt vom Algonquin-Park in Ontario: „Man hat das Gefühl, der Wald brennt, es ist ein unglaubliches Erlebnis!“ Die Natur verändere sich in dieser Jahreszeit komplett.

Die Planung

TUI-Sprecherin Stephanie Holweg rät, die Reise eher schneller anzutreten: „Aufgrund der relativ trockenen Witterung in diesem Jahr färben sich die Blätter vielerorts früher.“ Eine Einschätzung, die andere Veranstalter bestätigen. Auch Kurzentschlossene können noch ihre Urlaubspläne realisieren. Canusa-Produktmanagerin Rossol sagt: „Mietwagen und Camper sind noch an vielen Orten verfügbar. Manchmal muss man vielleicht ein wenig flexibel in der Kategorie sein.“

Eine Karte, die die Laubverfärbung übersichtlich dokumentiert, findet sich unter im Internet unter https://newengland.com/seasons/fall/foliage/live-fall-foliage-map. Wer sich über www.vermontvacation.com registrieren lässt, bekommt jeden Mittwoch per
E-Mail einen aktuellen Stand der „Foliage“. Und ist man erst vor Ort, wird die Gegend mit der schönsten Färbung täglich im TV angegeben.

Die Alternative

Übrigens lässt sich eine Art Mini-Indian-Summer auch bei uns erleben, im WeltWald bei Bad Grund im Westharz, dem größten botanischen Baumgarten Deutschlands. Hier im Arboretum gibt es einen 4,2 Kilometer langen Rundwanderweg mit Baumexoten aus Nordamerika, der im Herbst traumhaft schön ist. Hinweistafeln erklären die Baumarten.

Die Berge sind zwar nicht die White Mountains, die Aussichten aber ebenfalls grandios, und die Anreise ist viel kürzer als beim Flug über den großen Teich. Fehlt nur noch etwas Wetterglück für einen „goldenen Oktober“.