Funchal. Den Weltstar des EM-Siegers Portugal zieht es immer wieder in seine Heimat Madeira.

Von der Lieblingsunterkunft der Kaiserin bis zum neuen Hotel des Fußballstars ist es ein kurzer Spaziergang. Nur wenige Tage vor dem EM-Sieg Portugals eröffnete auf Ronaldos Heimatinsel Madeira das CR7-Hotel – in Anlehnung an seine Marke, zusammengesetzt aus seinen Initialen und seiner Rückennummer. Mit seinen Trikots über dem Bett und einem Blick auf den Hafen von Madeiras Hauptstadt Funchal können Fans des Spielers nun von sagenhaften Fußballkarrieren träumen. Ronaldo will rund
40 Millionen Euro in seine Hotelbeteiligungen – vier sind es insgesamt – investieren. Er kooperiert dabei mit Pestana, Portugals größter Hotelgruppe.

„Wir auf Madeira sehen den ganzen Hype um Ronaldo sehr viel entspannter als der Rest der Welt.“
Reiseführer Leonardo Macedo über den berühmtesten Sohn der Insel

Bisher pilgerten vor allem Fans einer anderen Persönlichkeit nach Funchal: Als Kaiserin Elisabeth von Österreich 1860 zum ersten Mal auf die portugiesische Insel reiste, war Madeira noch ein Vorposten auf der Seefahrtsroute nach Afrika und Südamerika. Müde vom Wiener Hofleben und gesundheitlich angeschlagen, fand sie in der Quinta Vigia am Stadtrand von Funchal eine Oase der Ruhe. Die milde Luft auf der Atlantikinsel, so sprach es sich damals unter dem Hochadel Europas herum, sei die beste der Welt.

Wer von Funchal Richtung Westen zu einer Inselumrundung auf den Spuren berühmter Madeiragäste aufbricht, findet sich schnell in einem Blütenmeer wieder. Aus den Gärten entlang der Küstenstraße quellen feuerfarbene Strelitzien, Bougainvilleen im leuchtenden Pink und himmelblaue Hortensien.

Über Câmara de Lobos ziehen sich Weinberge die Hänge hinauf. Hier liegt das Hauptanbaugebiet des Madeiraweins. Bereits wenige Jahre nach seiner Wiederentdeckung um 1419 führten die Portugiesen Wein aus Sizilien auf Madeira ein. Seinen milden aromatischen Geschmack verdankt der Likörwein einem Zufall. Im
17. Jahrhundert entdeckten Seeleute, dass sich die Qualität des Weins durch die langen Transportwege verbessert. Dies erklärten sie sich mit der teils monatelangen Lagerung im warmen Schiffsbug. „Die Engländer machten den Wein zum Exportschlager“, sagt Reiseführer Leonardo Macedo.

Als Kind spielte Ronaldo barfuß auf der Straße Fußball

Den aktuell berühmtesten Madeiraexport hat Macedo als Jugendlicher kennengelernt. Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro wuchs bei ihm um die Ecke im Funchaler
Arbeiterviertel Santo António auf. „Er kommt aus einer einfachen Familie“, erzählt der Reiseführer. „Ich kann mich noch gut erinnern, wie er als Kind barfüßig auf der Straße Fußball spielte.“ Für den Stürmerstar wurden sogar ein Museum und eine Statue errichtet. Das Museum und das Hotel sind mittlerweile im selben Gebäude untergebracht, die Ronaldo-Statue wurde kürzlich um ein paar Meter verschoben und steht nun direkt davor.

Der Bronze-Ronaldo überragt Sisi im Kasinopark deutlich.
3,40 Meter hoch und 800 Kilo schwer, so wollte sich der Torjäger auf seiner Heimatinsel, die er auch heute noch oft besucht, ein Denkmal setzen. Weltweit spottete der Blätterwald über das Gemächt des Bronzekickers, das sich deutlich unter den Shorts abzeichnet. Es sei monumental wie das Ego seines Trägers ausgefallen.

„Wir auf Madeira sehen den ganzen Hype um Ronaldo sehr viel entspannter als der Rest der Welt“, sagt Leonardo, „hier ist er einfach nur einer von uns.“ Sportlich scheinen die Insulaner allesamt zu sein. Unterhalb der Steilküste von Paul do Mar stürzen sich Surfer in die Röhrenwellen. In den Schluchten im Landesinnern seilen sich Jugendliche beim Canyoning in meterhohen Wasserfällen ab. Die höchsten Gipfel im zerklüfteten Inselinnern bevölkern Mountainbiker und Bergsteiger, und auf der Halbinsel São Lourenco im Osten hängen Kletterer an den Felswänden.

Nicht erst seit Ronaldos Wechsel von Sporting Lissabon zu Manchester United – dort spielte er, bevor Real Madrid ihn verpflichtete – bestehen besondere Bande zwischen Madeira und Großbritannien.

Bereits ab dem 17. Jahrhundert hatten sich englische Händler in Funchal niedergelassen. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Insel auch heute noch „very british“ wirkt. Nirgendwo wird das eindrücklicher als im altehrwürdigen, von einem schottischen Weinhändler gegründeten Reid’s Palace. Jeden Nachmittag um 15 Uhr finden sich auf der überdachten Terrasse des Hotels adrett frisierte Ladys und ihre Gatten zum Afternoon Tea ein.

33 Jahre nach ihrem ersten
Madeiraaufenthalt war Kaiserin Sisi als eine der Ersten in dem Nobelhotel zu Gast. Ihr folgten Könige, Lords und Gräfinnen der Wittelsbacher, Habsburger, Windsors und Grimaldis, von den Königshäusern von Spanien und Schweden bis zum Schah von Persien kamen sie ins Reid’s. Zum Hochadel gesellten sich Politiker, Literaten, Künstler und Schauspieler, die ihrem eigenen Ruhm entflohen und doch gerne unter ihresgleichen blieben. Und nun ist es Ronaldo, der die Besucher anzieht – in seine Heimat Madeira.