Marrakesch. Es müssen nicht immer die Alpen sein. Zwischen der Sahara und dem Atlantik lockt das Atlas-Gebirge.

Ungläubig werden Siggi, Manfred und Egbert mit ihrer Skitourenausrüstung am Münchener Flughafen von anderen Passagieren betrachtet. Auf der Anzeige des Check-in-Schalters steht Marrakesch. Skifahren in Nordafrika? Die müssen sich in der Schlange geirrt haben!

Beim Landeanflug geht vielen dann ein Licht auf: Majestätisch erheben sich rund 80 Kilometer südlich von Marrakesch die schneebedeckten Gipfel des Atlas-Gebirges.

„Marokko und Skifahren bringen selbst erfahrene Skitourengeher nur selten in Verbindung. Dabei findet man hier sehr anspruchsvolle Gipfel und traumhaft schöne Landschaften, in denen man fast alleine unterwegs ist“, versichert Skiführer Hans Honold, der mit seiner Berg- und Skischule „Alpine Welten“ zu den wenigen Anbietern von Skitouren im Atlasgebirge gehört.

Vorbei an kleinen Lehmdörfern und vertrockneten Feldern geht es mit dem Minibus nach einer Übernachtung in Imlil ins Berberdorf Tacheddirt. Von hier aus wollen Hans und sein lokaler Guide Hassim eine Tour zum „Eingehen“ unternehmen.

Bis auf den 3555 Meter hohen Gipfel des Tizi Likemt müssen fast 1200 Höhenmeter überwunden werden. Am Abend erholen sich Siggi, Manfred, Egbert und Hans im rustikalen Dorfhotel bei Couscous mit Lamm.

Die Nacht ist bitterkalt. Am nächsten Tag bringen Maultiere Skischuhe und Skier bis zur Schneegrenze. Zunächst geht es vorbei an Obstgärten mit blühenden Walnussbäumen. Dann muss sich die Gruppe den Weg durchs Geröll suchen, bis endlich die Skier angezogen werden können.

Steil geht es durch eine verschneite Rinne bergauf. Plötzlich ziehen sich oben Wolken zusammen. Vom 3882 Meter hohen Bou Igouenouance ist nichts mehr zu sehen. Die Gipfelbesteigung muss abgebrochen werden. Somit bleibt mehr Zeit für Tacheddirt, ein marokkanisches Bergdorf wie aus dem Bilderbuch.

Die Lehm- und Steinhütten liegen dicht an dicht am Steilhang. Frauen fegen den Schnee von den Flachdächern. Die deutschen Besucher in ihrer bunten Funktionskleidung sind die Hauptattraktion der Dorfkinder.

Es geht zurück nach Imlil. Als Eingangstor zum Jebel Toubkal, dem mit 4167 Metern höchsten Gipfel Nordafrikas, ist die kleine Ortschaft seit Jahrzehnten Ausgangspunkt für Trekking- und neuerdings auch Skitouren. Fast fünf Stunden dauert der Aufstieg zur eingeschneiten Toubkal-Hütte auf 3150 Metern durch ein atemberaubend schönes Bergtal. Die Toubkal-Hütte ist vollkommen überfüllt.

Frühmorgens vor Sonnenaufgang weckt Hans seine Gruppe. Über den Mizane-Bach beginnt der steile Anstieg auf den Gipfel. Es ist wieder bitterkalt, aber es liegt Neuschnee, und der Himmel ist wolkenlos. Durch eine Rinne geht es im Zickzack bergauf. Erbarmungslos brennt nun die Sonne. Doch der Wind bläst kalt und schmerzt im Gesicht.

Knapp 100 Höhenmeter vor dem Gipfel lässt die Gruppe die Skier und die Rucksäcke mit der Lawinenausrüstung im Schnee und geht zu Fuß durch die vereiste Steinlandschaft. Dann erreicht sie das Gipfelkreuz. „Bei ganz klarem Wetter kann man sogar die Sahara und den Atlantik gleichzeitig sehen“, sagt Hassim. dpa