Bad Tölz. Erste Schwünge mit Anfang 50 sind echt genial, wir haben es am Blomberg in Bad Tölz getestet

Christian ist wirklich nett. „Das sieht schon sehr professionell aus“, lobt der Skilehrer, als ich mit wackeligen Knien einen „Pflug“ übe. Vor zehn Minuten habe ich mir zum ersten Mal in meinem Leben Ski unter die Füße geschnallt, und als ich das nächste Mal den Hang hinunterrutsche, verhindern nur die Professionalität und Wendigkeit des Skilehrers einen Crash.

Warum tue ich mir das an? Bisher hatte ich mit Skifahren so viel am Hut, wie der Oberbayer mit dem Rosenmontagszug. Jetzt habe ich die 50 bereits ein paar Jahre hinter mir gelassen, und plötzlich juckt es mich in den Füßen. „Kein Problem, das Alter ist egal“, hatte man mir bei der Ski- und Snowboardschule Montevia gesagt, als ich mich nach einem Kurs für Anfänger im fortgeschrittenen Alter erkundigte.

Außer dem Reporter begrüßt Skilehrer Christian Haas (26) zwei Paare: André (Snowboarder) und Sarah, Michael und Aki. Außer André, der seit zwölf Jahren Snowboard fährt, sind sie, was das Skifahren angeht, ähnlich unvorbelastet – allerdings sind sie alle auch nur halb so alt wie ich.

Ein paar Minuten Aufwärmen. Zum Eingewöhnen locker auf einem Ski balancieren. Dann steht „Aufsteigen“ auf dem Lehrplan – seitlich und frontal arbeiten wir uns den Übungshang hinauf. Schritt für Schritt macht Christian seine erwachsenen Schüler mit den ungewohnten Skiern vertraut. „Lasst euch einfach nach vorn in die Stiefel fallen. Die Knie drücken nach innen. Die Skispitzen bilden ein V, nicht zu groß. Ja, gut so.“ Dann sind Richtungsänderungen dran. „Über den Oberkörper drehen wir uns in die neue Richtung.“

Wir lernen schnell. Die ersten Schwünge schauen bei allen recht gut aus. Das bedeutet, dass wir nach der Pause gleich an den Zielhang dürfen. Mit gutem Gefühl gehe ich in die Pause. Eine halbe Stunde später folgt die Ernüchterung. Und zwar ziemlich brutal. Alles, was am Übungshang so gut geklappt hat, ist plötzlich weg. So steil hatte ich den Hang nicht erwartet. Quer zur Piste rutsche ich Meter für Meter tiefer, bis ich mich endlich traue. Die erste Rechtskurve gelingt mit Müh’ und Not, dann setzt das Gehirn aus. Verdammt, was soll ich tun?

Das rote Absperrband kommt rasend schnell näher. Wie ging das mit der Kurve? Wie war das mit dem Bremsen? Das Gehirn liefert keine Idee. Alle Synapsen stecken im Funkloch. Im nächsten Moment schieße ich kopfüber ins Weiß hinter dem Absperrband. So fühlt sich also Tiefschnee an.

„Du bist noch etwas zu verkrampft“, stellt Christian trocken fest. „Bleib locker.“ Ein bisschen neidisch schaue ich den anderen aus der Gruppe hinterher. Wie elegant sie über die Piste schwingen. Mit zunehmendem Alter lässt die Risikobereitschaft doch deutlich nach. „Das ist aber auch ein Vorteil des Alters“, sagt Christian. „Man weiß, was passieren könnte, hat entsprechend mehr Respekt und geht vorsichtiger zu Werke.“

Also weiterüben und nach und nach Respekt abbauen. Mit viel Optimismus geht es in den zweiten Tag. Die Skier unter den Füßen fühlen sich noch immer ein bisschen an wie Schwimmflossen. Und das Kurvenfahren ist noch genau so ein Krampf wie am Tag zuvor. Über Nacht hat sich eine leichte Neuschneedecke ausgebreitet, was die Piste noch glatter und die Sache für mich nicht leichter macht.

„Lass einfach laufen“, empfiehlt Christian. „Bleib locker und denk gar nicht dran, dass du um die Kurve willst. Dann geht es bald von allein.“ Okay. Also nicht aufgeben. Weiter probieren – und die „Wird-schon-noch“-Zurufe der Rodler ignorieren, die sich im Sessellift amüsieren. Aki (24) macht mir Mut. „Das wird doch immer besser, Rudi“, bemerkt die Medizinstudentin aus Japan – just in dem Moment, als ich die Skier verkannte und ihr vor die Füße falle.

Die Erleuchtung kommt im Schlepplift. Bei der Auffahrt spüre ich zum ersten Mal, was es heißt, sich „in den Stiefel fallen“ zu lassen. Mit einem Mal ist die Spannung in den Oberschenkeln weg. Alles ist locker. Auch im Kopf ist plötzlich eine Leichtigkeit. Das macht Mut. Ich stürze mich den Hang hinab. Und tatsächlich: Wunderbar leicht geht es in die erste Rechtskurve. Die Ski gehören jetzt zu mir. Nun in die Hocke gehen. Wieder aufrichten. Den Oberkörper leicht nach links drehen. Außenski belasten – und erneut in die Hocke.

Es funktioniert tatsächlich! Die Verkrampfung ist wie weggeblasen. Schön fließend bewegt sich der Körper hoch und runter. Die Skier gleiten plötzlich wie auf unsichtbaren Schienen durch den Schnee. Ich juchze unwillkürlich vor Vergnügen. Christian hat Mühe, mir zu folgen. Sprachlos schaut er mit großen Augen zu, wie ich am Ende der Piste noch eine Vollbremsung hinlege, dass der Schnee nur so spritzt. Ist das klasse!

Service

Anreise:

Mit dem Auto Richtung München und die A99 und A8 Richtung Salzburg bis Holzkirchen. Weiter über die B13 nach Bad Tölz oder Lenggries.

Mit der Bahn (01805) 99 66 33,

www.bahn.de) nach Bad Tölz.

Besonderheiten:

Für Einsteiger gilt: Grundsätzlich ist es ratsam, in einem Skikurs zu lernen. Dabei ist darauf zu achten, dass sich der Lehrer auf die individuellen Bedürfnisse der Älteren einstellt (etwa früher

Pausen macht).

Veranstalter:

Skikurse für Erwachsene werden in den Skigebieten am Blomberg bei Bad Tölz und am Brauneck bei Lenggries angeboten. Ein Zwei-Tagekurs (jeweils vier Stunden) kostet 80 Euro, ein Fünf-Tagekurs 140 Euro, jeweils zzgl. Liftkarten.

Kontakt:

Stadtmarketing, Tourismus- und Wirtschaftsförderung Bad Tölz

(08041) 7 86 70, www.bad-toelz.de

Gästeinformation Lenggries,

(08042) 5 00 88 00, www.lenggries.de