Ecuador. Zu viert in einem offenen Drahtseilkäfig über den Dschungel zu sausen, das braucht schon ein bisschen Mut.

Unter uns ein gigantischer Teppich aus dunkelgrünen Urwaldwipfeln bis zu den Bergen am Horizont. Endlos möchte man so weiter schauen, aber nach 530 Metern heißt es aussteigen.

Zu Fuß geht es weiter auf holprigen Pfaden zu den sieben Wasserfällen im Bergnebelwald von Mindo-Nambillo. „Alle Baumriesen mit ihren Stelz- oder Brettwurzeln kämpfen ums Licht“, sagt unser Begleiter Boris Siebert, ein deutscher Anthropologe, der seit langem in Ecuador lebt. Besonders die Würgefeige beeindruckt uns. Sie setzt sich von oben auf die Baumkrone eines mächtigen Wirtsbaums, überwuchert ihn mit langen Luftwurzeln, umwickelt ihn immer fester und erwürgt ihn schließlich. So erobert sie sich einen Platz im Dschungel.

Als wir den ersten Wasserfall erreichen, kommt durch das dichte Baumkronendach die Sonne durch. Orchideen verstecken sich im Gebüsch, azurblaue Morphofalter flattern davon. Rauschend stürzt das Wasser herunter aus dem Pichincha-Gebirge. Jeder dieser Wasserfälle ist anders, der eine mehr fürs Auge, der andere mit einem Naturbecken zum Baden geeignet, den dritten muss man sich balancierend über Baumstämme und glitschige Steine erst erobern.

Der Bergnebelwald gehört zu einem der eindrucksvollsten Naturschutzgebiete Ecuadors, dem 19 200 Hektar großen Bosque Protector Mindo-Nambillo. Das Schutzgebiet umfasst auch feuchtwarme, subtropische Regenwälder und zieht sich hinauf bis zu den Kraterwänden des Vulkans Guagua Pichincha auf über 4000 Meter Höhe. Daraus erklärt sich die enorme Vielfalt von Flora und Fauna, die aufzuspüren man tagelange Wanderungen bräuchte.

Für Vogelbeobachter ist es ein Paradies, seiner etwa 500 Vogelarten wegen, darunter der rote Andenfelsenhahn, Tukane, Bergfasane, Papageien und Kolibris. Zwei Kilometer außerhalb des Dorfes Mindo ergötzen wir uns an handtellergroßen Schmetterlingen mit riesigen Augen. Sie werden in Ecuadors größter Schmetterlingsfarm Mariposario aufgezogen, neben 25 anderen Arten. 1200 Schmetterlinge in allen Regenbogenfarben flattern durch den Garten dieses Familienbetriebs, der einen Teil seiner Aufzucht in die Wildnis zurückgibt, als Beitrag zum Artenschutz in der Region.

Berühmt ist der Samstagmarkt auf der Plaza del Poncho in der Stadt Cotacaci, der als eines der größten Handelszentren für Kunsthandwerk in Lateinamerika gilt. Keinesfalls verpassen sollte man frühmorgens den Mercado de Animales, den Tiermarkt der Indios. Da ziehen Frauen in weiten Röcken, unterm steifen Hut geflochtene Zöpfe bis zur Taille, quiekende Ferkel und Schweine hinter sich her. Wenn sich die Tiere sträuben und vor Angst in den staubigen Boden krallen, hagelt es Stockschläge. Ein Bauer im Poncho steht breitbeinig über seinen zwei Gänsen. Eine Frau im Kapuzenmantel verkauft einen Sack voll junger Hunde. Kampfhähne werden begutachtet, Lamas, Schafe, Meerschweinchen gehandelt. Eine Welt, die uns fremd ist, auch ein bisschen erschreckt.

Wer das Leben und die Menschen der Region kennenlernen möchte, kann in einer Dorfgemeinschaft übernachten und begleitet von Einheimischen Tagesausflüge oder Trekkingtouren in der betörenden Umgebung von Otavalo unternehmen. „Runa Tupari“ („Menschen treffen sich“) heißt die Organisation dieses gemeindenahen Tourismus, die 16 Indigenas-Familien in vier Gemeinden ein Zubrot ermöglicht.

Auch eine zehnstündige Besteigung des 4939 Meter hohen Vulkans Cotacachi wird angeboten – es ist eine abenteuerliche Herausforderung auf den Spuren von Alexander von Humboldt, der bei seinen Forschungsreisen in Ecuador vor gut 200 Jahren gleich mehrere Vulkane bezwang. Auf der Fahrt nach Papallacta sehen wir die schneebedeckte Spitze des Cotopaxi, die Humboldt für die vollkommenste unter allen Vulkanen der Anden hielt.

Ecuador und die Galapagos-Inseln sind immer bereisbar. Hochland: Juni bis September.

Gesundheit: Gelbfieber-Impfung, lange Kleidung schützt vor Stechmücken, die Malaria übertragen können.

Veranstalter: Südamerika-Spezialist Aventoura, (0761/2 11 69 90), www.aventoura.de