Frankreich. Der neue „Muséo-Parc Alésia“ erinnert an die Schlacht zwischen Cäsar und dem Fürsten Vercingetorix. Côte d’Or lockt mit Wein und viel Mittelalter.

Der sieht doch aus wie Napoleon III.“, scherzt einer aus der bretonischen Reisegruppe, die sich am Sockel der kolossalen Bronzestatue fürs Erinnerungsfoto aufbaut. Tatsächlich: Die melancholischen Gesichtszüge des legendären Gallierführers Vercingetorix weisen eine verblüffende Ähnlichkeit mit denen des letzten Franzosenkaisers auf.

Kein Wunder: Schließlich war es Napoleon III. höchst persönlich, der das identitätsstiftende Denkmal 1864 in dem Ort Alise-Sainte-Reine auf dem Mont Auxois errichten ließ. Der tapfere, unbeugsame Gallier – ein nationaler Mythos. Das grüne Tal in der nördlichen Côte d’Or, 60 Kilometer nordwestlich von Dijon, soll vor 2000 Jahren Schauplatz der Entscheidungsschlacht um die Herrschaft in Gallien gewesen sein: hier die Legionen Cäsars, dort die von Vercingetorix angeführten gallisch-keltischen Stämme.

Man muss kein Historiker sein, um zu wissen, wie das Ringen ausging. Wer in „Asterix und der Arvernerschild“ geschmökert hat, weiß: Der Imperator hat das gallische Heer besiegt und den freiheitsliebenden Anführer nach Rom verschleppt, wo er sechs Jahre später in Kerkerhaft erdrosselt wurde. Für patriotisch fühlende Gallier ist Alésia nicht gerade ein ruhmvoller Ort. Auch die Asterix-Autoren Goscinny und Uderzo lassen Majestix munter drauflosfluchen: „Alésia? Ich kenne kein Alésia!“

Zwar bezweifelt so mancher Historiker, dass sich die Schlacht hier ereignet hat. Doch Corinne Rougegrez, deutschsprachige Führerin im kürzlich eingeweihten „Muséo-Parc Alésia“, hält dagegen. „Die Schlacht war hundertprozentig hier“, sagt sie, „Luftbilder, Münzfunde – die Beweislage ist eindeutig“. Für 52 Millionen Euro haben sie jetzt nahe der Departementsstraße D 905 den ersten Teil des Museumsparks errichtet und somit – Arminius und Kalkriese lassen grüßen – touristische Fakten geschaffen.

Das zylindrische, lichtdurchflutete Besucherzentrum aus Glas, Holz, Beton und begrünter Dachterrasse ist das beeindruckende Werk des Stararchitekten Bernard Tschumi (Akropolis-Museum Athen). Kein kitschiges Gallier-Disney, sondern ein einladender Ort für eine authentische Zeitreise in das Jahr 52 vor Christus: mit Filmen und Inszenierungen, Rekonstruktionen und Modellen, goldenen gallischen Wildschweinen und römischen Kettenhemden.

Eine nette Geste für Besucher von der anderen Rheinseite: Deutsch ist neben Französisch und Englisch dritte Museumssprache. Sehenswert draußen: die detailgetreue Nachbildung eines Römerlagers mit Palisadenzaun und Katapulten.

2016 wird der Park erweitert um ein Archäologisches Museum mit Exponaten der napoleonischen Alésia-Ausgrabung sowie um einen gallo-römischen Rundwanderweg.

„Die alte Deutung, Gallier und Kelten seien ungebildete Barbaren gewesen und erst durch Rom zivilisiert worden, wird hier gründlich widerlegt“, sagt Corinne Rougegrez. Der „Muséo-Parc Alésia“, neues touristisches Ausrufezeichen von Burgund, sollte nicht der einzige Grund sein für einen Ausflug in diesen Winkel der Côte d’Or. Ein unbedingtes Muss in unmittelbarer Umgebung: die Mittelalter-Städte Semur-en-Auxois sowie Flavigny-sur- Ozerain. Traumhafte Orte, in denen die Zeit seit Jahrhunderten still zu stehen scheint.

Semur-en-Auxois, mit seinen mächtigen runden Wachtürmen hoch über dem Fluss Armancon thronend, diente als Kulisse für den Louis-de-Funès-Klassiker „Fisch oder Fleisch“. Flavigny, Kategorie „Schönste Dörfer Frankreichs“, liegt am „Canal de Bourgogne“ und beherbergt eine Benediktiner-Abtei. Es ist ebenfalls Schauplatz eines Kinofilms: „Le Chocolat“ mit Johnny Depp.

Der hügelige Landstrich westlich der A 6 (Paris-Dijon), wo sich kleine Dörfer aus verwittertem Sandstein perlenschnurartig aneinanderreihen, ist herrlich-saftiges Bauernland. Ein kleiner Garten Eden, der seit jeher für reich gedeckte Tafeln sorgt. Auf den Hängen gedeiht die feine Burgundertraube, die jede Mahlzeit adelt.

Etliche Gourmetklassiker, die Speisekarten rund um die Welt erobert haben, stammen aus den Pfannen heimischer Köche: das herzhafte „Boeuf Bourguignon“, die leckeren Burgunderschnecken und „Coq au Vin“, Käse aus Epoisses und „Oeufs en meurette“, pochierte Eier in einer zwiebeligen Burgundersauce.

Philippe Guillier, ein bodenständiger Herdkünstler und Schüler der Kochlegende Bernard Loiseau, betreibt in der alten Post von Flavigny das „Restaurant de l’Abbaye“. Und beweist, dass feine traditionelle Küche sogar erschwinglich sein kann. Seine Spezialität: eine geschichtete Vorspeise aus Lebkuchen, Vitteaux-Pflaume und Foie Gras, zu der sich ein fruchtiger Chardonnay eignet.

Und der Apéritif? „Natürlich ein Kir“, sagt Philippe, „aus heimischem Johannisbeerlikör und Aligotéwein“. Ein Klassiker, der seinen Namen einem gewissen Félix Kir verdankt, der im Dorf nebenan, in Alise-Sainte-Reine, zur Welt kam. „Ältere Stammgäste haben ihn sogar persönlich gekannt“, sagt Philippe.