Burg Neuschwanstein. Touristen strömen zu Ludwigs II. Burg Neuschwanstein – Erstmals mehr englische Führungen als deutsche

Immer und immer wieder hält Lily Chou ihren Fotoapparat in die Höhe und drückt auf den Auslöser. Sie will alles festhalten: das vor ihr aufragende Schloss Neuschwanstein aus verschiedenen Perspektiven, das dahinterliegende Bergpanorama und den Blick ins Allgäuer Alpenvorland. „Es ist fantastisch hier“, sagt die 40-jährige Taiwanesin voller Freude.

Mit drei Freundinnen verbringt Chou einen zweiwöchigen Urlaub in Deutschland. Auf ihrem Reiseprogramm stehen unter anderem die Städte Frankfurt und München. Gekommen sind sie aber vor allem wegen des berühmten Schlosses von Bayerns Märchenkönig Ludwig II. „Jeder in Taiwan kennt es. Unglaublich, dass ich jetzt hier bin und es sehen kann.“

Ob Asiaten, Amerikaner, Russen, Italiener oder Franzosen – Menschen aus aller Welt lockt das verspielte, weiße Bauwerk mit seinen vielen Türmchen an. Im Sommer drängen sich an Spitzentagen bis zu 8000 Besucher durch die Ausstellungsräume. Und ein Ende ist nicht abzusehen: 2011 registrierte die Bayerische Schlösserverwaltung mit 1,4 Millionen Besuchern den zweithöchsten Stand aller Zeiten. Nur 1990, im Jahr nach der Maueröffnung, waren es noch etwas mehr, sagte Behördensprecher Jan Björn Potthast in München. „An den Zahlen der Führungen sehen wir, dass der internationale Anteil gestiegen ist. 2011 gab es zum ersten Mal mehr englischsprachige Führungen als deutsche.“

Jetzt in der Ferienzeit ist das Gedränge im Innenhof des Schlosses besonders groß. Die Menschen warten dort ungeduldig auf den Einlass. Auch die Familie Sultan aus Saudi-Arabien steht in der Schlange. „Ich bin sehr gespannt, was uns erwartet. Wir kannten das Schloss vorher nicht“, sagt Ali Sultan. Mit seiner Frau und fünf Kindern verbringt er den Urlaub im benachbarten Tirol und ist dort durch eine Broschüre auf das Schloss aufmerksam geworden. Als sie das Bild sahen, sei ihnen sofort das Cinderella-Schloss von Walt Disney eingefallen, sagt der Familienvater. Ansonsten geht es in die Berge. „Wir wollen in der Natur relaxen, Städte haben wir bei uns zu Hause genug.“dpa