Braunschweig. Wo bleiben die Reste vom Kreuzfahrt-Buffet, was passiert mit dem Duschwasser im Kabinenbad? Einfach ins Meer war früher.

Moderne Kreuzfahrtschiffe haben von der Müllentsorgung bis zur kompletten Kläranlage alles an Bord, was der Umweltschutz erfordert.

Badezimmer, Bar, Restaurant und edle Shops – für Gäste auf Kreuzfahrtschiffen sind Annehmlichkeiten selbstverständlich. Damit das Meer nicht als Müllkippe missbraucht wird, haben die stählernen Hotels zur See komplette Stadtwerke an Bord. Meerwasserentsalzung, biologische Kläranlage, Müllverbrennung – die Anlagen arbeiten rund um die Uhr im Bauch der Schiffe. Das „blaue Regal“ zu benutzen, wie Abfallentsorgung über die Reling bei Seeleuten genannt wird, ist inzwischen weitgehend verboten.

Einer der weltweit führenden Systemanbieter für Wasser- und Müllbehandlungsanlagen auf Schiffen residiert in einer unscheinbaren Jugendstilvilla in Oldenburg. „Die Entwicklung hat in den 80er Jahren Fahrt aufgenommen“, sagt Ingo Eden, Marketing-Manager bei Deerberg-Systems.

Grundlage war das internationale Marpol-Abkommen von 1973, das seitdem immer wieder erweitert und verschärft wurde. Die Bestimmungen zur Verhütung der Verschmutzung durch Schiffsmüll stammen von 1988. Darin ist geregelt, dass innerhalb von Sondergebieten, zu denen auch Nord- und Ostsee gehören, kein Müll ins Meer gekippt werden darf.

Die Größe des Problems zeigt nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace ein Bereich des Pazifiks zwischen Hawaii und der amerikanischen Küste, in dem eine kreisförmige Strömung einen riesigen Teppich von Müll zusammengeschwemmt hat, der die Ausmaße Zentraleuropas erreicht hat.

Eden kennt die Herausforderung für die Stadtwerke an Bord: „Alles muss auf engstem Raum installiert werden und mehr oder minder 365 Tage im Jahr funktionieren.“

Es geht um große Mengen. Ein modernes Kreuzfahrtschiff braucht 1000 bis 2000 Tonnen Frischwasser pro Tag, das aus dem Meer gewonnen wird. Eine ebenso große Menge Abwasser muss in der bordeigenen Kläranlage gereinigt werden. Bis zu zehn Tonnen Bioabfälle aus den verschiedenen Küchen und Restaurants täglich werden durch eine Vakuum-Rohranlage gesammelt. Dazu kommen weitere etwa zehn Tonnen Klärschlamm aus der Abwasseraufbereitungsanlage.

Herzstück ist eine Verbrennungsanlage, die neben festen Abfällen auch getrockneten Klärschlamm und Biomüll verbrennt. „Das dient der größtmöglichen Volumenreduzierung“, sagt Eden. Übrig bleibt keimfreie Asche, die im Hafen abgegeben wird.

„Die Besatzung muss genaue Aufzeichnungen über den Verbleib des Mülls machen“, sagt Eden. Die Bücher würden streng kontrolliert. In vielen Häfen sei die Abfallbeseitigung bereits in den Liegegebühren eingeschlossen. Damit entfalle ein Anreiz, Abfall illegal auf See zu entsorgen. Das gelte auch für gefährliche Stoffe wie Ölrückstände.

Die Rostocker Reederei Aida-Cruises wirbt sogar mit dem Umweltschutz. „Auf Aida-Schiffen gilt die „Zero Discharge Policy“, das heißt, es gehen keine ungeklärten Abwässer und kein Müll über Bord“, heißt es im Internetangebot der Reederei. Die Reederei Royal Caribbian nennt ihr Programm „Save the Waves“.

2011 unternahmen nach Zahlen des Deutschen Reise-Verbands allein in Deutschland fast 1,4 Millionen Menschen eine Hochseekreuzfahrt.

Die bordeigenen Stadtwerke einschließlich Rohrleitungen im ganzen Schiff und Einbau kosten im zweistelligen Millionenbereich, weiß Bernd Wiltfang von der Meyer-Werft in Papenburg, die als eins von wenigen Unternehmen in der Welt Kreuzfahrtschiffe baut: „Die Bioreaktoren sind groß wie Bungalows.“ Die Verbrennungsöfen bringen es auf jeweils 2000 Kilowatt thermische Leistung.

Ein anderes Problem in der Schifffahrt ist dagegen noch offen: Die Abgase der großen Schiffsmotoren gehen bislang ungefiltert durch den Schornstein.dpa