Dominkanische Republik. Von Kampfhähnen, über die Bacardi-Insel bis hin zur etwas anderen Zeitrechnung: In der Dominkanischen Republik ist vieles außergewöhnlich.

Nur eine dominikanische Minute“, sagt Josef, steht auf und steigt mit diversen Unterlagen in der Hand aus dem Bus. Eine dominikanische Minute kann durchaus auch mal eine Viertelstunde dauern, denn in dem Karibikstaat ist Hektik noch ein Fremdwort. Hier geht alles ein bisschen geruhsamer zu – und ein bisschen fröhlicher auch.

Josef, der eigentlich Jesus Castellano heißt, sich aber für die Touristen, die er durch sein Land begleitet, der Einfachheit halber umbenannt hat, erledigt manches gern nebenbei. Denn der 44-Jährige ist nicht nur Reiseführer, sondern auch Fachanwalt für Immobilienrecht und darin ein gefragter Mann. Deshalb klingelt sein Handy manchmal im Minutentakt, was der sympathische Dominikaner stets mit einem lustigen Spruch kommentiert, um anschließend weiter auf die Schönheiten und Besonderheiten seiner geliebten Heimat hinzuweisen.

Unsere Reise mit Josef führt von Cabarete im Norden mitten durch Gaspar Hernandez, wo er zu Hause ist, weiter auf die Halbinsel Samana und schließlich in die Hauptstadt Santo Domingo auf der gegenüberliegenden Seite der Insel. Und sie führt durch die ganze Vielfalt des Landes, das nur ein bisschen größer ist als Niedersachsen.

40 Meter unter dem Meeresspiegel liegt die tiefste Stelle mit dem Lago Enriquillo, dem größten Binnenmeer der Karibik. Der höchste Punkt ragt fast 3100 Meter gen Himmel. Es ist der Pico Duarte im Landesinneren. Gästen offenbart sich eine andere Welt, eine bunte und abwechslungsreiche noch dazu. Zahlreiche Pflanzen mögen die feuchte Wärme. Und so gedeiht hier neben Kakao und Kaffee das für den Rum und für die Dominikaner so wichtige Zuckerrohr.

Kokospalmen über Kokospalmen faszinieren ebenso wie die Geschichten, die Josef erzählt. Er tut dies mit einer gewissen Inbrunst, wiederholt bedächtig das, was er für wichtig hält. Und das ist einiges. Die Krabbenfänger in den Mangrovenwäldern, die die Blaukrabben abends aus ihren Verstecken an der Küste holen, gehören dazu, und natürlich der frische Fisch, den es hier überall gibt, gepaart mit dem deutschen Zungenbrecher von Fischers Fritz, den er nahezu perfekt beherrscht.

Deutsch hat sich Josef quasi selbst beigebracht. Unter anderem mit Hilfe von Reiseführern, die deutsche Touristen ihm überließen. Maßlos enttäuscht sei er gewesen, als er in einem der Bücher erfahren habe, dass es Christoph Kolumbus war, der die Kokospalme auf die Insel gebracht hat. Er dachte nämlich, dass sie zur Insel Hispaniola gehört wie der Rum und der Bachata, die Musik, die einem hier immer und überall zu Ohren kommt. Hispaniola bedeutet „Kleines Spanien“ und besteht zu zwei Dritteln aus der Dominikanischen Republik im Osten, der Rest ist Haiti im Westen.

Josef hat längst wieder neben dem Busfahrer Platz genommen und erklärt, dass Samana so viel wie „Von Wasser umgebenes Land“ heißt. Hier gibt es die größte Konzentration von Kokospalmen und einen urwüchsigen Landstrich, der noch ein bisschen als Geheimtipp gilt, wenngleich gerade ein kleiner Teil der Mini-Insel Cayo Levantado vielen Menschen aus der Werbung bekannt sein dürfte. Hier soll die einst im Fernsehen gezeigte Bacardi-Reklame mit den schönen Frauen und Männern samt Boot gedreht worden sein – „Bacardi-Insel“ heißt das Stückchen Paradies daher heute noch immer.

Traumhaft ist es nicht nur hier, wo ein Hotel steht und ein kleines Schiff die Menschen hin- und herbefördert, traumhaft ist auch die Landschaft auf der Halbinsel, die mit einem robusten Riesenjeep am besten erkundet werden kann, denn geteerte Straßen gibt es in weiten Bereichen nicht mehr.

Hier kommen die Kinder teilweise noch mit dem Pferd zur Schule, in der mehrere Altersgruppen gleichzeitig unterrichtet werden. Und eines beherrschen sie alle aus dem Effeff: die dominikanische Nationalhymne. Sie wird morgens beim Hissen und mittags beim Herunterlassen der Fahne aus tiefstem Herzen gesungen. Irgendwann steigt der Nachwuchs dann wohl aufs Motorrad um, denn davon soll es mit sage und schreibe 675 000 Exemplaren deutlich mehr als Autos und Lastwagen geben, die gemeinsam nur auf 400 000 kommen.

Man staunt über Kühe unter Palmen und über Kampfhähne hinter Maschendraht, denn hier ist vieles so anders, dass es sofort auffällt. Gina Morales mit den dicken bunten Lockenwicklern auf dem Kopf, ist die perfekte Gastgeberin mitten auf dem platten Lande. Typisch Dominikanisches wird den Touristen hier serviert, in fester wie in flüssiger Form. Der Mamajuana darf da natürlich nicht fehlen. Wer möchte, kann das hochprozentige Getränk selbst herstellen, die Grundlage – Wurzeln diverser Pflanzen in einer Flasche – gibt es zu kaufen. Es werden Honig, Rum und Rotwein aufgegossen und nach zwei Wochen wieder weggekippt, dann dasselbe noch einmal, und die Mischung ist fertig. Sie soll so ziemlich bei allem helfen, heißt es. Schließlich stammt das Rezept von den Ureinwohnern der Insel, den Tainos.

Josef erzählt uns von ihnen, von den Karibikindianern, und von so mancher Beschwörungstheorie (Voodoo ist hier noch weit verbreitet), sei es zur Heilung oder zum Herbeiholen der Angebeteten bei verschmähter Liebe.

Doch schnell ist der Dominikaner auch wieder in der Gegenwart angekommen.

Auf Samana sollen Shakira und Julio Iglesias einen eigenen Strand haben. Überhaupt hat die Prominenz die Insel entdeckt. So soll Bill Clinton ab und an im Süden Urlaub machen, und Michael Jackson hat gar im künstlich errichteten Künstlerdorf nach mediterranem Vorbild, in der Kirche von Altos de Chavon, Lisa Marie Presley geheiratet.

Auf der Insel Saona, einem Naturschutzgebiet am Südost-Zipfel des Landes, das eigentlich nicht bewohnt werden darf, steht eine pompöse Villa – wer der Besitzer ist, wissen selbst die Einheimischen nicht.

Unterdessen schwärmt Josef von Kokosfisch und Kochbananen, die hier oft auf den Tisch kommen, weil es Kokosnüsse und Kochbananen beinahe im Überfluss gibt. Ihm macht es Spaß von all dem begeistert zu berichten, dafür hat er hart gebüffelt und gearbeitet. Denn Josef spricht nicht nur Deutsch, sondern auch Englisch, Französisch und Niederländisch. Und ein bisschen hat er die europäischen Sitten sogar schon übernommen. Denn auch wenn er sagt „Dominikanische Zeit ist wie Gummi“, zuverlässig, ja überpünktlich war der Reiseleiter und Rechtsanwalt bei unserer Tour durch die Dominikanische Republik immer.