Die Reise-Reportage: Die Vulkaneifel ist der schönste Teil des Eifelsteigs.

Peter Bitschene steht am Rothen Kopf, einem Eifelvulkan, und verteilt Helme und Taschenlampen. Bei Sonntagswetter ist unsere Wandergruppe gerade am Rand des Schlackenkegels auf 600 Meter Höhe marschiert. Nun soll es in die Tiefe gehen, durch eine schmale Öffnung in den Schlot des Vulkans. Wir stolpern in eine Höhle: am Boden Wasser, Geröll – niedrige Decke über uns. Feucht und kühl ist es im Herzen des Vulkans, der vor 250 000 Jahren aktiv war.

"Hier haben die Eifelbauern im Winter bis ins 20. Jahrhundert Mühlsteine aus dem Schlackenbasalt geschlagen", sagt Bitschene, von Beruf Vulkanologe, und zeigt mit dem Lichtkegel auf kreisrunde Umrisse an den Wänden. Es dauerte Wochen, um die tonnenschweren Räder herauszulösen. Sie wurden mit Ochsengespannen transportiert und in die ganze Welt verschifft. Im Sommer dienten die Höhlen als Kühlschränke. Im Winter packten die Bauern Eis hinein, das hielt monatelang. Man erzählt sich, dass auf dem Aachener Kongress 1818, wo die Monarchen über die europäische Ordnung nach Napoleon berieten, das Eis für Speisen und Sorbets aus der Eifel kam. Der 57-jährige Peter Bitschene kennt Vulkane in aller Welt, doch ihn begeistern auch die in der Eifel. "Sie könnten heute oder morgen wieder ausbrechen", meint er schmunzelnd.

Über 350 Vulkane gibt es in der Region, einer abwechslungsreichen Hügellandschaft mit Wäldern, Bächen und Flüssen. Die Vulkaneifel ist die spektakulärste Strecke auf dem Eifelsteig, einem 313 Kilometer langen Fernwanderweg, der in 15 Tagesetappen von Aachen nach Trier führt. An einem Berghang türmen sich verwitterte Felsbrocken übereinander, bedeckt von Flechten, Moosen, Farn. Als wir nachmittags die Gerolsteiner Dolomiten erreichen, halten wir die schroffen Felsen namens Munterley, Auberg und Drohende Ley von weitem für eine Burg. Bitschene lacht: "Nein, das war ein Korallenriff in einem subtropischen Flachmeer."

Mit Gerolsteiner Mineralwasser direkt aus der Quelle können wir dann unseren Durst löschen. An einem Zapfhahn im Kurpark des Ortes füllen wir unsere Flaschen auf, wie es die Bewohner hier mit Kanistern täglich tun.

Der Höhepunkt einer Vulkaneifel-Tour sind zweifellos die Maare – kreisrunde dunkelblaue Seen.

Von Schalkenmehren aus wandern wir an den drei Dauner Maaren entlang. "Sehen Sie dort den schwarzen Punkt im See?" Unser Begleiter Andreas Schüller kennt die Antwort. "Das ist der Pastor, der schwimmt hier jeden Tag." Am anderen Ufer des Weinfelder Maares, des schönsten der drei Seen, ist zwischen Bäumen eine weiße Kirche zu sehen. "Wo jetzt der See ist, war früher ein Berg mit einem Schloss", sagt Andreas Schüller und erzählt eine alte Legende: "Da klopfte einst ein Bettler an die Schlosstür und bat um ein Stück Brot, doch die hartherzige Schlossherrin wies ihn ab. Als ihr Gemahl bald darauf von der Jagd heimkehrte, fand er sein Schloss nicht mehr. Versunken war es mitsamt seiner Frau und allen Bediensteten in einem großen Loch, in dem sich ein See gebildet hatte."

Natürlich hat Schüller, Geologe und Leiter des Natur- und Geoparks Vulkaneifel, eine wissenschaftliche Erklärung für die Entstehung der Maare parat. Sie seien Explosionstrichter von Vulkanen, voll gelaufen mit Grundwasser. 75 Maare wurden in der Region entdeckt, zehn enthalten einen See – die "Augen der Eifel".

Bald biegen wir in einen lauschigen Waldpfad ein, hoch über dem Flüsschen Lieser. Diese Etappe des Eifelsteigs, Lieserpfad genannt, hat Manuel Andrack in seinem Wanderbuch zum "schönsten Wanderweg der Welt" erklärt.

Auf dem letzten Stück des Weges weitet sich das Liesertal. Am Hang sehen wir übereinander die beiden mittelalterlichen Burgen, für die Manderscheid bekannt ist. Ganz oben auf einer Bergkuppe die Oberburg, und darunter terrassenförmig die später gebaute Niederburg. Die eine gehörte dem Erzbischof von Trier, die andere den Herren von Manderscheid. Sie haben sich jahrhundertelang bekämpft. Ein kurioser Dauerkonflikt, der damit endete, dass beide Burgen von den Franzosen zerstört wurden.

Heute sind sie so weit wiederhergestellt, dass dort am letzten Augustwochenende jeden Jahres ein Ritterfest stattfindet.

Wir aber schauen noch im Maarmuseum Manderscheid vorbei, wo Fossilien-Schätze aus dem Eckfelder Maar ausgestellt sind – auch die älteste Laus der Welt. Die Laus, in deren Magen Federreste gefunden wurden, fehlt allerdings gerade – sie ist auf Wanderschaft von einem Forscher zum anderen.