Die Reise-Trends: In England, wo die Flüsse klar sind wie Gin, wird Fliegenfischen zum neuen Trend.

Seit 1839 wird in dem Backstein-Pub in Hampshire Bier aus der Region gezapft. Wo früher Torfstecher Pause machten, kehren heute Gäste ein, die auf der Suche sind nach der Quintessenz von Old England – unter modernen Vorzeichen. Keine altmodische, staubige Einrichtung, sondern ein klassisch-stilvolles Interieur zeichnet die acht Zimmer des Landgasthofs aus. Unten wird auf Londoner Niveau, aber ohne Hauptstadtattitüde, gekocht.

Die Kreideflüsse rund ums "Peat and Spade" machen aus der Region ein weltberühmtes Paradies für Fliegenfischer. Wer beim Thema Angeln allerdings gleich an schnauzbärtige, schweigsame Sonderlinge denkt, liegt falsch. Die Fliegenfischer am Flüsschen Test sorgen für frischen Wind in ihrer alten Tradition. Mit Erfolg: Seitdem das rustikale Ambiente stilistisch durchgelüftet wurde, zieht es deutlich mehr Frauen, Jüngere und Fliegenfisch-Anfänger an die heiligen Gewässer.

Morgens drückt der Koch vom "Peat and Spade" dem Gast einen gut gefüllten Picknickkorb in die Hand, und zehn Minuten später steht man vor der atemberaubenden Kulisse einer alten Mühle. Dort wartet bereits Angel-Coach Marcus McCorkell mit einem ziemlich optimistischen Versprechen: "Heute fängst du dir das Abendessen selbst."

Dafür muss man keinen glitschigen Wurm auf rostige Haken spießen, sondern nur eine Fliege, ein kunstvoll gebundenes Insektenimitat, an eine dünne Nylonschnur binden und damit Forellen im Weiher an der Nase kitzeln. "Weil die Kreideflüsse hier so klar sind, dass wir jeden Fisch sehen können, ist es wichtig, genau zu zielen", sagt er. "Dies ist einer der wenigen Orte der Welt, an dem man nicht blind angeln muss."

Nur im Mühlweiher, dem idyllischen Trainingsgelände der Angelschule "Fishing Breaks", haben die Forellen heute keine Lust auf Fliegen. Nach einer halben Stunde bindet Marcus eine weiße Nymphe an meine Schnur. Schnell baumelt vor meinen Augen ein Rest Schnur – ohne Fliege. Doch jetzt ist der Ehrgeiz geweckt. Dumm nur, dass die Forellen genau das gleiche denken: Dutzende Würfe, kein Biss und ein Coach, der an die Grenzen seiner Trostkapazitäten kommt.

Doch schöner kann man auf der Welt gar nicht scheitern: Im Schilf quakt ein Frosch, eine Katze streift durch den Garten und das Handy hat keinen Empfang. "Das Kalkgestein an den Quellen filtert das Wasser", erklärt McCorkell, "deshalb ist es so mineralienreich, fischfreundlich und klar." So klar, dass nicht nur der Mensch den Fisch, sondern der Fisch leider auch den Menschen sieht – und das Angeln mehr Verführung als Jagd ist.

Eine Federfliege in Orange, gut gezielt auf den Kopf dieser mit allen Wassern gewaschenen Forellen, erledigt den Job. Vermutlich vor Schreck beißt das Vieh in den Haken und Marcus hilft, das wild um sich schlagende Flossentier ans Ufer zu ziehen. "Dinner!"

Aber nach einem Foto mit dem Schuppenträger, der hier um sein Leben kämpft, lassen wir ihn lieber wieder schwimmen.