Die Reise-Reportage: Im beschaulichen Örtchen Kilbeggan befindet sich die älteste Whiskey-Destillerie der Welt.

Kilbeggan ist ein verschlafenes

Städtchen mitten in Irland. Wüsste man nicht um die besondere Attraktion des Ortes, man würde ihn sicher schnell durchqueren. Ein leichter, alkoholischer Dunst scheint in der Luft zu liegen. Und schon zeigt sich ein idyllisches Panorama: Im Flüsschen Brosna dreht sich ein großes Wasserrad, dahinter ragen alte Gebäude auf, darüber ein Schornstein mit der Aufschrift "Locke’s Whiskey". Hier wird seit mehr als 250 Jahren Hochprozentiges produziert.

An der Rezeption ist man auf Besucher eingestellt. Ausgerüstet mit umfangreichem Informationsmaterial können sie sich die alte Brennerei in Ruhe selbst erschließen. Mitunter führt auch Destillerie-Manager Brian Quinn. "Der Betrieb wurde 1757 gegründet. Damit sind wir die älteste lizenzierte Destillerie der Welt", erzählt er begeistert. Allerdings stellte das Unternehmen in den 1950er Jahren die Produktion ein und wurde eine Zeit lang als Museum geführt. Vor einiger Zeit übernahm die Cooley Distillery den Betrieb, um die hervorragenden Lagerhäuser zu nutzen und schließlich 2007 wieder mit der Destillation zu beginnen.

Im letzten Jahr wurde der erste Malt-Whiskey abgefüllt. "Derzeit sind wir dabei, die Destillerie zu rekonstruieren, steigern die Produktion schrittweise", erklärt Brian Quinn und ergänzt: "Parallel dazu läuft der Museumsbetrieb." Hier kann man die Technik der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts besichtigen, "als das Unternehmen der Familie Locke gehörte.

"Noch älter sind das Wasserrad und das einzigartige Kühlsystem, für das ebenfalls das Wasser der Brosna genutzt wurde. Auch eine Dampfmaschine ist zu bewundern, die eingebaut wurde, um den Wasserantrieb zu ergänzen. Bei Rundgang weist der Manager auf die weiteren alten Geräte hin: Braukessel, Mühlsteine, Maisch-, Kühl- und Gär-Bottiche und schließlich die großen Brennblasen.

"Klar, die Arbeit damals war hart, aber die Arbeiter kannten auch Tricks, um auf ihre Kosten zu kommen", erzählt Quinn. So durfte am Gärbottich, in dem die Maische aus Getreide und Wasser mit Hefe versetzt wurde, ein Litermaß nicht fehlen. Mit ihm schöpfte man schnell mal heimlich aus dem Bottich. Der Inhalt des Glases hatte in etwa die Wirkung einer großen Portion Whiskey.

"No cow ever gave milk like this – Noch nie gab eine Kuh eine Milch wie diese" war hier der gängige Slogan. Besucher haben ein solches Verfahren nicht nötig, sie können die diversen Whiskeys der Cooley Distillery im Restaurant probieren. Nun holt Brian Quinn noch zu einer Lektion in Geschichte aus: Schottland habe heute zwar bedeutend mehr Destillerien, die das weltweit geschätzte Getränk herstellen, in Irland aber sei das "Lebenswasser" entstanden – auf keltisch "uisce beatha", woraus dann "Whiskey" wurde. Irische Mönche lernten wohl die Destillationskunst vor weit über 1000 Jahren auf ihren Reisen in den Orient kennen. Als sie Schottland missionierten, brachten sie die Technik auch den Schotten bei – soweit zumindest die irische Sicht. Die Schotten sehen das freilich etwas anders.

Ob die Mönche des nahen Klosters Clonmacnoise beteiligt waren, ist nicht bekannt. Den auf einem Hügel am Shannon gelegenen Ort sollte man aber nicht verpassen. Das im sechsten Jahrhundert gegründete Kloster war mehrere Jahrhunderte lang ein geistliches und kulturelles Zentrum Irlands. Das Areal mit den Ruinen von acht Kirchen, überragt von zwei Rundtürmen, zeugt noch heute von der einstigen Größe.

Im Laufe seiner langen Geschichte wurde das Kloster allerdings mehr als 30 Mal übe fallen und ze stört – von irischen Feinden, Wikingern, Normannen und Engländern. Auf dem Gelände findet man Hunderte Grabplatten und Kreuze.

Bemerkenswert sind drei mit Figuren bedeckte uralte Hochkreuze, die im Museum ausgestellt sind. Die Ausstellung und ein Film vermitteln weitere Informationen über die Bedeutung des Ortes. Nicht zuletzt schrieben die Mönche hier viele kirchliche Bücher und bedeutende Chroniken – Clonmacnoise wurde als Unesco-Weltkulturerbestätte nominiert.

Den Tag beschließt man am besten im nahen Dorf Shannonbridge, benannt nach der 1757 fertig gestellten Brücke über Irlands längsten Fluss. Die Gegend ist ein wahres Paradies für Angler. Die Flussseite gegenüber dem Dorf beherrschen gewaltige Festungsanlagen, die vor etwa 200 Jahren entstanden, als man einen Einfall Napoleons befürchtete. Heute ist das Örtchen vor allem bekannt durch seine Pubs und ihre Livemusik: Jedes Jahr findet hier das Shannonbridge Music Festival statt.