Vor dem Eingang zum "Heiligen Land" in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires werden die Besucher von einem römischen Statthalter in Plastik-Rüstung, einer Frau mit Schleier und einem Esel aus Gips begrüßt. Ein Mann erhebt sein Megafon und stimmt scheppernd ein Kirchenlied an, eine 30-köpfige Besuchergruppe singt mit. Es sind Mitglieder der Gemeinde Parroquia Cristo Rey aus Buenos Aires. Die 19-jährige Ayelén Palacio gehört zu ihnen, sie erzählt: "Mit dem Besuch des Parks bereiten wir uns auf Ostern vor."

Vor der Gruppe liegen sieben Hektar bunte Bibel- und Kirchengeschichte. "Das Heilige Land" sieht aus wie ein Dorf in einem Religionsbuch für Kinder: Cremefarbene Häuschen im Stil des alten Jerusalem – kleine Bauten mit Flachdächern, größere mit goldenen Kuppeln, dazwischen Torbögen und künstliche Palmen.

Erste Station auf dem Weg durch den Park ist die Schöpfung. In einer Höhle wird in 15 Minuten mit Bildern, bunten Lichtstrahlen und Musik die Schöpfungsgeschichte erzählt. "Que lindo", "wie schön", raunen viele der Zuschauer.

Nach der Erschaffung der Welt schlendern die Besucher durch das kleine Dorf. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich.

Hier Mutter Teresa, dort eine Nachbildung der Klagemauer in Jerusalem, dazwischen grüßt sogar eine Gandhi-Figur. Eine Kapelle spielt orientalische Musik im römischen Palast, eine Bauchtänzerin fürs Ambiente darf auch nicht fehlen, Kinder mit rosa Zuckerwatte rennen vorbei.

Auf einem künstlichen Hügel am Rande des Dorfes ist die Kreuzigungsszenerie nachgestellt – mit lebensgroßen Figuren. Auf der anderen Seite des weißen Berges erhebt sich alle zwei Stunden eine 18-Meter große strahlend weiße Jesusfigur gen Himmel. Sie dreht sich ein paar Minuten und verschwindet dann wieder im Berg. Zur "Auferstehung" versammeln sich viele Besucher am Fuß des Hügels und bekreuzigen sich.

Die meisten Besucher kommen in der Osterzeit in das "Heilige Land". Besonderes Angebot an diesen Tagen sind aufwendige Inszenierungen der Ostergeschichte: Schauspieler stellen das Letzte Abendmahl, den Kreuzweg und die Kreuzigung nach.

Solche Vorführungen zu Ostern haben in ganz Argentinien eine lange Tradition. Zu den Klassikern zählt auch die sogenannte "Verbrennung des Judas", bei der eine Figur, die Judas darstellen soll, durch Feuerwerkskörper über den Köpfen der Zuschauer verbrannt wird.

Ayelén wird wie der Großteil der gläubigen Argentinier die Osterwoche im Kreise ihrer Familie in ihrer Gemeinde verbringen. Sie hat bereits einen festen Plan, welche Gottesdienste sie dann besuchen will. In Gedanken wird sie dann im "Heiligen Land" sein. dpa