Die Reise-Reportage: Hunderttausende Buddhisten pilgern alljährlich in den Religionspark nach Lumbini – Buddhas Geburtsort.

Für eine Milliarde Buddhisten in aller Welt ist Lumbini die Quelle ihres Glaubens. Hier, im heiligen Garten, wurde vor gut 2500 Jahren Siddharta Gautama geboren. Hunderttausende pilgern jährlich in den Südwesten Nepals und finden dort einen Religionspark mit zig modernen Tempeln und buddhistisch-historischen Ausgrabungsstätten, der weltweit seinesgleichen sucht. Hauptsächlich Nepalesen, Inder oder Touristen aus Sri Lanka kommen nach Lumbini. Europäer tauchen in der Statistik kaum auf, Buddhas Geburtsort hat sich in der westlichen Welt noch nicht herumgesprochen.

Mit einer Rikscha-Tour erschließen sich die meisten Touristen die "Geburtsstätte des Buddhismus". Die Rumpel-Fahrt in der Rikscha beginnt im Osten des drei Quadratkilometer großen Religionsparkes. Am Haupttor hat man einen guten Überblick über die Tempel-Spitzen und goldenen Figuren, die ringsum aus dem dichten Wald heraus ragen. 600 000 Bäume wurden vor einigen Jahren gepflanzt, um das Areal aufzuwerten und ihm einen Park-Charakter zu geben.

Erstes und zugleich wichtigstes Ziel für alle Touristen ist der Heilige Garten im Süden des weitläufigen Areals. Auf den Wiesen sitzen Mönche und meditieren im Dunst der Räucherstäbchen, der auch die Pilger einhüllt. Der Atmosphäre entsprechend schalten selbst japanische Besucher einen Gang runter, verharren im Schatten der Bäume, betrachten die Szenerie und halten sich sogar beim Fotografieren zurück. Dabei haben die Mönche gar nichts dagegen, wenn man sie knipst. Für Unruhe sorgt allein der Wind, der unablässig an den bunten Gebetsfahnen zerrt und die Bitten der Pilger in alle Welt trägt.

Ein junges Paar aus Korea hat sich an den Ständen vor dem Eingang ein sechs Gebetsfahnen gekauft und sucht nach freien Bäumen. Ein freundlicher Ordner kommt und hilft. Erst nachdem sie ihre Fahnen angebracht haben, fühlen sie sich bereit für die Höhepunkte der heiligen Stätte, die religiös und historisch-archäologisch gleichsam bedeutend sind. Ausgrabungen beweisen, dass Buddha dort bereits im dritten Jahrhundert vor Christus verehrt wurde. Zu dieser Zeit ist auch mindestens ein Kloster entstanden, das der indische Kaiser Ashoka – der erste prominente Buddha-Anhänger – errichten ließ. Im Laufe der Zeit geriet der Hain in Vergessenheit und wurde erst im 19. Jahrhundert von einem nepalesischen General wieder entdeckt. Seine Untergebenen legten eine Säule frei, die auf Ashoka zurückgeht und damit als wichtigster Beweis für Buddhas Geburt an diesem Ort gilt. Sie ist Nepals ältestes Monument, steht aber ziemlich verloren im Heiligen Garten.

Ein Blitzschlag spaltete die Säule vor über 1000 Jahren, so dass Metallbänder nötig sind, um die beiden Hälften zu fixieren. Die meisten Touristen halten sich dort nicht lange auf und folgen dem Strom hinüber zum Wasserbecken, das nun von einer indischen Frauen-Gruppe in Beschlag genommen ist. Maja Devi soll an an diesem Ort ein Bad genommen haben – unmittelbar bevor sie ihren Sohn Siddharta Gautama gebar. Auch das Herzstück des Heiligen Gartens ist ihr gewidmet: der Tempel Maya Devi Mandir, das älteste Bauwerk Nepals aus der Zeit 300 vor Christus. Die Original-Mauern wurden mit einem schmucklosen Bau umgeben, vor dessen Eingang sich die Schuh-Paare türmen.

Auch die beiden Koreaner haben ihre Sandalen abgelegt. Eine ganze Weile stehen sie an und betreten dann den Steg, an dessen Ende sie auf den 70 Zentimeter langen, rot-braunen, mit Panzerglas geschützten Markierungsstein blicken, der den Geburtsort Buddhas ausweist. Viele Touristen haken Lumbini in wenigen Stunden ab. Wer sich wahrhaftig mit der heiligen Stätte beschäftigen will, benötigt mehrere Tage. So gibt es auch einwöchige Meditations-Angebote für Gläubige in den Klöstern des Religionsparkes.

In der Nähe des Heiligen Gartens haben die tibetischen Buddhisten ihr Kloster errichtet. Es herrscht eine friedvolle Atmosphäre, dem Anspruch des Parks angemessen, der die Einheit und das streitlose Miteinander aller Buddhisten demonstrieren will. Länderregierungen und buddhistische Gemeinschaften wollten Teil der Idee werden und pumpten Geld nach Lumbini zur Errichtung von Tempeln. Das Prinzip der buddhistischen Selbstverwirklichung manifestiert sich in den unterschiedlichsten Bauwerken.

Jeder Geldgeber durfte seine eigenen Vorstellungen der Religion verwirklichen. Das Areal einer buddhistischen Vereinigung aus Deutschland ist kitschig geraten, mit goldverzierten Figuren. Andere Länder haben wuchtige und große Gold-Tempel in den Park gebaut. Knapp zwei Dutzend Tempel stehen, 20 zusätzliche Parzellen sind ausgewiesen, weitere sollen folgen. Nirgendwo sonst auf der Welt lassen sich so viele Ausprägungen des Buddhismus an einem Platz bewundern. Jedoch liegt noch viel im Argen. Wenn man mal ein paar Stunden mit der Rikscha über das Areal gerattert ist, sieht man, dass der zentrale, hunderte Meter lange Kanal hat noch keinen Tropfen Wasser gesehen, das Religions-Museum gleicht einem Geisterbau. Es gibt keinen Meter Straße, nur Feld- und Hoppelwege. – Da muss man einen geschundenen Rücken durch die geRikscha-Fahrt in Kauf nehmen.