Nach dem Boom durch den Buena Vista Social Club wirbt Castros Karibikinsel wieder mit Gesundheitstourismus.

Lang hat er angehalten, der große Kuba-Boom rund um die Helden des Buena Vista Social Club. Jetzt, nachdem die Welle abgeflaut ist, setzen Castros Manager wieder auf die Anfänge ihres Tourismus, auf ganz alte Tugenden: Wellness, Anti-Aging, Gesundheitstourismus im Allgemeinen.

Wir versuchen es erstmal im Gesundheitszentrum San Diego de los Baños im Westen der Insel.

Nach ein paar Vorgesprächen werden wir an Valvidia weiter geleitet. Valvidia ist klein und zierlich, aber sie hat Hände wie aus Stahl. Entschlossen greifen ihre Finger um meinen Hals. Ich höre meinen Herzschlag. Und Valvidias schweren Atem. Ihre Hände wandern in Richtung meiner Schulterblätter und greifen entschlossen zu.

"Das sind die Partien, die bei Dir am meisten verspannt sind." Ich lasse sie gewähren; eine andere Chance habe ich ohnehin nicht. San Diego ist ein wunderbar verschlafener Ort in der Nähe der großen Tabakplantagen von Pinar del Rio, ungefähr eineinhalb Stunden von Havanna entfernt. Nur 3700 Einwohner, etliche Eselskarren in Zeitlupentempo, spielende Kinder. Aber San Diego hat etwas, was andere kubanische Orte nicht haben: Heilquellen. Seit 1844 gibt es einen regelmäßigen Gesundheitstourismus – deshalb auch das große Zentrum mit dem direkt angeschlossenen Hotel "Mirador". Ein 150-Zimmer-Domizil, das den Charme der Vergangenheit atmet.

"Wir haben mehr als zehn Ärzte hier und jeder einzelne ist hoch spezialisiert" freut sich Dr. Luis Rodriguez Morales, der Chef. "Außerdem 15 Krankenschwestern, zwölf Physiotherapeuten und einen Zahnarzt. Unser Wasser hilft gegen Rheumatismus, Hautkrankheiten, Neurodermitis und Alterskrankheiten aller Art. Es enthält Sulfat, Magnesium, Kalzium, Silizium und etliches mehr."

Naturheilkunde hat auf Kuba eine sehr lange Tradition. Die Leute trauen ihr mehr zu als den teuren Medikamenten aus dem Labor. Und da diese auf Grund des US-Embargos nur schwer zu bekommen sind, hat fast jeder Landarzt seinen eigenen kleinen Heilkräutergarten. Und dass das Ausbildungsniveau der Mediziner auf Kuba im weltweiten Vergleich ganz hoch anzusiedeln ist, das ist tatsächlich mehr als bloße Revolutionspropaganda.

Es gibt wohl keine Krankheit, die auf Kuba nicht behandelt wird; die ganze Insel ist mit Gesundheitszentren übersät. Es gibt sie in Havanna, Santiago de Cuba, Camagüey, Trinidad, Cienfuegos, Matanzas, Pinar del Rio und sogar in den Touristenghettos Cayo Coco und Varadero. Die staatliche Kontrolle sorgt für einen hohen Qualitätsstandard und sozialistischen Schlendrian gleichzeitig. Aber als Devisen bringender Ausländer ist es in Ordnung.

Der Karibik-Zauber geht natürlich auch an den zahlreichen Gästen eines Gesundheitszentrums nicht ganz spurlos vorbei. Vom Strandausflug über Städtereisen und Konzerten bis hin zum Mega-Absturz in der Mojito-Bar mit Salsa und Rum ist wirklich alles geboten. Und der Diätdoktor muss ja nicht unbedingt etwas von diesen Ausschweifungenerfahren.

Inzwischen gibt es auch Angebote im Bereich der kosmetischen Operationen. Auch viele US-Amerikaner kommen in dieser Angelegenheit hierher, besonders Prominente. Denn Kuba wahrt ihre Anonymität. Was man bei all den Angeboten nicht vergessen darf: Zahlen muss man auf Kuba selber. Kaum eine deutsche Krankenversicherung darf da einspringen.