Braunschweig. Seit zehn Jahren zeigt sich dieser Trend. Sind die Zulassungskriterien für das Medizinstudium zu streng?

Die Patienten können nicht warten, die Ärzte werden gebraucht. Niedersächsische Kliniken und Praxen greifen vermehrt auf Mediziner aus dem Ausland zurück, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken. Im vergangenen Jahr waren laut Ärztekammer 4327 ausländische Ärzte in Niedersachsen tätig – vor vier Jahren waren es lediglich 3282. Aktuell sind 40 501 Ärzte in Niedersachsen gemeldet.

Auch die Zahl der Niederlassungen ausländischer Ärzte ist gestiegen. „Von 13 506 niedergelassenen Ärzten sind es 322. In zehn Jahren hat sich der Anteil fast verdoppelt“, erklärt Detlef Haffke von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Geht dieser Anstieg mit Verständnisproblemen am Krankenbett einher? Schon gibt es Beschwerden aus Krankenhäusern. Der Weg geht allerdings so: Der Arzt hat seinen Abschluss im Ausland gemacht und erhält erst nach einer Fach- und Sprachprüfung die Erlaubnis, hier als Mediziner zu arbeiten. Bernd Hackenjos von der Krankenhausgesellschaft sagt: „Wenn die Mediziner in der EU studiert haben, wird ihr Abschluss fachlich anerkannt, doch sie müssen ihre Sprachkenntnisse nachweisen.“ Hätten sie ihren Abschluss in einem „Drittland“ erworben, also außerhalb der EU studiert, so würde neben einer Sprachprüfung auf beinahe Muttersprachlerniveau auch die fachliche Qualifikation bei der Ärztekammer geprüft.

„Das sind gute Ärzte, die werden genau geprüft, damit die Sicherheit der Patienten gewährleistet wird.“
„Das sind gute Ärzte, die werden genau geprüft, damit die Sicherheit der Patienten gewährleistet wird.“ © Marion Charlotte Renneberg, Bezirksleiterin der Ärztekammer

„Manche ausländischen Mediziner unterschätzen die Schwierigkeit der Sprache“, sagt allerdings Dieter Lurz von der Volkshochschule Braunschweig, die Vorbereitungskurse für die medizinische Sprachfachprüfung anbietet. Die Prüflinge sollten nach dem Kurs, der in der Regel etwa ein halbes Jahr und 500 Stunden dauere, fast so gut wie ein Muttersprachler Deutsch sprechen.

„Das sind gute Ärzte“, sagt Marion Charlotte Renneberg, Vorsitzende der Bezirksstelle Braunschweig der Ärztekammer Niedersachsen und Allgemeinmedizinerin im Kreis Peine. „Die werden genau geprüft, damit die Sicherheit der Patienten gewährleistet wird.“ Renneberg sieht das Problem woanders: „Es ist ein Ärztebedarf da. Das ist besonders in Kliniken zu spüren. Dabei haben wir bundesweit 9000 Medizin-Studienplätze und 43 000 Bewerber.“ Viele würden aber am Auswahlverfahren scheitern. „Wir fordern, dass die Voraussetzungen für das Medizin-Studium gelockert werden.“ Doch selbst wenn es nun mehr Nachwuchs gäbe – bis sich ein Facharzt niederlassen könne, dauere es elf Jahre. „Ich glaube, dass noch mehr ausländische Mediziner zu uns kommen, um den Bedarf zu decken“, sagt Renneberg. „Aber dann fehlen auch hochqualifizierte Ärztinnen und Ärzte in deren Heimat.“