Celle. Unter großen Sicherheitsvorkehrungen begann in Celle der Prozess gegen den Hildesheimer Prediger und vier weitere Angeklagte.

Im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Celle hat heute der Prozess gegen den Hildesheimer Islamisten-Prediger Abu Walaa begonnen. Die Bundesanwaltschaft bezeichnete den 33-jährigen Iraker als „Deutschland-Repräsentant des IS“, der Terrormiliz Islamischer Staat. Sein Verteidiger Peter Krieger sieht die Anklage dagegen als Ergebnis einer „beängstigenden Kooperation“ zwischen Sicherheitsbehörden und Vertrauensleuten. Sie fuße auf den Aussagen eines V-Mannes des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen und eines Ex-Dschihadisten. „Der Kronzeuge ist ein Hochstapler“.

Abu Walaa, der mit bürgerlichem Namen Ahmad Abdulaziz Abdullah A. heißt, soll von einer Hildesheimer Moschee aus reihenweise junge Männer für den IS rekrutiert haben. Mitangeklagt sind vier weitere mutmaßliche Top-Islamisten im Alter zwischen 27 und 51 Jahren. Ihnen wird Unterstützung und Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Schwerbewaffnete Polizisten bewachten gestern das Gerichtsgebäude, wer als Besucher den Prozess verfolgen wollte, musste durch strenge Sicherheitskontrollen. Die Angeklagten saßen hinter einer Scheibe aus Panzerglas.

Abu Walaa selbst äußerte sich nicht, immer wieder lächelte er leicht, als die Bundesanwälte die Anklage verlasen.

Beim im März verbotenen „Deutschen Islamkreis Hildesheim“ soll der Iraker radikal-islamische Predigten gehalten und die Moschee des Vereins zu einem bundesweiten Rekrutierungszentrum des IS gemacht haben. Mindestens 15 Männer aus Niedersachsen und neun aus Nordrhein-Westfalen durchliefen nach Behördenerkenntnissen sein Netzwerk und reisten ins Kriegsgebiet. Sechs von ihnen sollen dort gestorben sein. Außer in Hildesheim war der Hassprediger in Nordrhein-Westfalen aktiv, wo er in Tönisvorst bei Krefeld lebte. Außerdem organisierte er Islamseminare in Moscheen in Berlin, Kassel, Frankfurt und dem westfälischen Bocholt.

Auch der Berlin-Attentäter Anis Amri soll sich im Umfeld von Abu Walaa und seinem Netzwerk aufgehalten haben. Kontakte soll es über den verschlüsselten Messengerdienst Telegram gegeben haben.

Der Verteidiger behauptet, der auf Abu Walaa angesetzte V-Mann des LKA habe Anis Amri immer wieder zum Verüben von Anschlägen aufgefordert. Deswegen dürfe der V-Mann wohl nicht in Celle als Zeuge aussagen.

Vorerst sind 29 Verhandlungstage angesetzt, weitere Termine reserviert. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu zehn Jahre Haft.