Berlin. Der Absturz eines Hubschraubers verstärkt die Debatte um Auslandseinsätze.

Es dürfte Wochen dauern, bis die Ursache des Absturzes eines Bundeswehr-Hubschraubers in Mali aufgeklärt ist. Der Tod von zwei Soldaten lenkt die Aufmerksamkeit auf einen der größten und wohl gefährlichsten Einsätze der Streitkräfte. Gerät Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) unter Druck? Alles Wissenswerte über das politische und militärische Minenfeld Mali.

Was weiß man über das Unglück?

Am Mittwoch treffen beim Hauptquartier der Mission Minusma der Vereinten Nationen (UN) in der Hauptstadt Bamako Meldungen von Kämpfen im Norden des Landes ein, etwa 150 Kilometer von Gao entfernt. Dort sind auch die meisten Blauhelm-Soldaten stationiert, darunter das deutsche Kontingent. Die deutschen Heeresflieger bekommen den Auftrag, sich ein Bild von der Lage zu machen. Zwei Kampfhubschrauber des Typs Tiger steigen in den Himmel. Auf halber Strecke kippt die erste Maschine mit der Nase nach vorn ab und geht im Sturzflug zu Boden. Hinweise auf „Fremdeinwirkung“ liegen nach Auskunft des stellvertretenden Generalinspekteurs, Vizeadmiral Joachim Rühle, nicht vor. Es ist 12.20 Uhr Ortszeit, zwei Stunden früher als in Deutschland. Die Außentemperatur beträgt 36 Grad Celsius. Die Temperatur wird vermerkt, weil Sandstürme und Gluthitze – bis 50 Grad – das Material auf die Probe stellen. Technisches Versagen ist die plausibelste Vermutung – und seit Langem ein Reizthema in der Truppe.

Ist der Tiger-Kampfhubschrauber ein Pannengerät?

Ein Team der Flugsicherung machte sich am Donnerstag auf den Weg nach Gao. Die Absturzstelle wurde umgehend gesichert. Bis das Unglück zweifelsfrei geklärt ist, fallen alle Routineflüge für den Tiger in Mali aus. Bisher galten die Maschinen nicht als pannenanfällig. Trotzdem geriet das Modell immer wieder in die Schlagzeilen. So waren im Sommer 2015 lediglich fünf von 24 Tiger-Hubschraubern einsatzbereit, wie die „Süddeutsche“ berichtete. In der Bundeswehr war es der erste tödliche Unfall mit dem Tiger. Bei einem Absturz im März 2013 in Bayern hatte sich die Besatzung retten können. Auch am Mittwoch hatte man lange gehofft, dass der Pilot und der Offizier in Sicherheit wären. Erst nachdem man die Leichen in der ausgebrannten Maschine gefunden hatte, wurden die Angehörigen und die Öffentlichkeit informiert. Es war später Abend, als von der Leyen vor die Kameras trat. Der Tiger wurde Ende der 80er-Jahre für den Kampf gegen Panzer entwickelt. An Einsätze wie in Mali hatte man damals nicht gedacht. Der Tiger darf bei Temperaturen bis 43,26 Grad Celsius eingesetzt werden, in Mali mit einer Sondergenehmigung sogar bis 48 Grad. Das Fluggerät war erst seit Juni im Einsatz. Die Piloten gelten als erfahren. Ihr Heimatstützpunkt ist ein Heeresflugplatz in der Nähe der hessischen Stadt Fritzlar. Mitte 2018 übernimmt ein anderes Land die Luftunterstützung.

Wie reagiert die Bundeswehr auf die Todesfälle?

Über die verstorbenen Piloten verrät die Bundeswehr nichts, schon um die Angehörigen zu schützen. Die Piloten-„Gemeinde“ ist so klein, dass auch anonyme Angaben über Personen schnell zu entziffern sind. Oberst Volker Bauersachs, Kommandeur des Kampfhubschrauberregiments 36 in Fritzlar, bemerkte, „das ist eine schwere Stunde für unser Regiment“. Die Angehörigen würden nun durch Truppenpsychologen betreut. Der Vorfall zeige, wie viel die Soldaten zu geben bereit seien, erklärte Ministerin von der Leyen.

Wie gefährlich ist der Einsatz?

Insgesamt umfasst Minusma 13 000 Blauhelm-Soldaten sowie 1900 Polizisten. Er ist eine der verlustreichsten Missionen der UN. Zwischen 2013 und 2017 starben in Mali 116 Blauhelm-Soldaten. Sie sind dort, um das Friedensabkommen zwischen der Regierung und den Rebellen zu überwachen, aber auch, um das Land vor islamistischen Terroristen zu schützen. Die Bundesregierung hat nach eigenen Aussagen in der Region ein erhebliches Interesse daran, Terrorismus, Kriminalität und Verarmung entgegenzutreten. Zerfällt Mali, flüchten noch mehr Afrikaner nach Europa. Die Bundeswehr ist aber auch noch bei einer zweiten Ausbildungsmission der EU (EUTM) in Mali engagiert und hat insgesamt 1000 Soldaten vor Ort.

Einen Kommentar zum Thema finden Sie hier: Bundeswehr in Todeszone