Wolfsburg. Hat das Landeskriminalamt (LKA) versagt? Erst ein Jahr nach der Ausreise einer Familie nach Syrien wurde die Stadt Wolfsburg informiert.

Ein polizeibekanntes Mitglied (29) der Wolfsburger Salafisten-Szene reiste im Herbst 2014 mitsamt seiner Frau und ihren beiden Babys nach Syrien aus. Doch erst knapp ein Jahr später informierten die Ermittler die Stadt Wolfsburg, dass die Familie Deutschland verlassen hat. Bis dahin bezog die Familie Sozialleistungen.

Der Fall der Familie wurde durch einen Amtsgerichts-Prozess gegen den Vater des 29-Jährigen bekannt (unsere Zeitung berichtete exklusiv). Dieser hatte bis September 2015 vom Konto seiner Schwiegertochter die Sozialleistungen – Arbeitslosengeld und Kindergeld von der Arbeitsagentur, Betreuungsgeld von der Stadt Wolfsburg – abgehoben. Das Geld (19 200 Euro) versteckte er daheim.

Zwischen Herbst 2013 und Oktober 2014 war es bereits 17 Wolfsburgern gelungen, sich unbemerkt von den Sicherheitsbehörden nach Syrien abzusetzen. Die meisten von ihnen schlossen sich der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) an. Im November soll sich dann das Ehepaar mit ihren Zwillingen auf den gleichen Weg gemacht haben. Wann genau das LKA von ihrer Ausreise erfahren hat und wann die Stadt Wolfsburg informiert wurde, dazu wollte ein Behördensprecher vergangene Woche unserer Zeitung keine Angaben machen.

Ebenfalls ließ die Wolfsburger Stadtverwaltung die Anfrage unbeantwortet, wann dort die Ausreise bekanntgeworden ist. Gestern die Kehrtwende: Eine Sprecherin erklärte, dass das LKA erst am 8. September 2015 der Stadtverwaltung mitgeteilt hat, dass die Familie sich wohl im Ausland befindet. Daraufhin, so die Sprecherin, wurde „unverzüglich“ die Zahlung des Betreuungsgeldes eingestellt. Fünf Wochen später meldete dann das LKA auch der Passbehörde der Stadt die mutmaßliche Ausreise der Familie.

Die Stadt teilte diese Informationen allerdings nicht der Agentur für Arbeit mit. Dazu die Sprecherin der Stadt: „Der Datenaustausch der Meldebehörde ist nur zulässig, wenn es eine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung gibt. Die Meldebehörden hatten keine Kenntnisse über den Sozialleistungsbezug.“

Der Fall der Wolfsburger Familie, warum die Behörden nicht untereinander kommuniziert haben und so weiterhin Sozialleitungen ausgezahlt wurden soll Thema im Landtag werden. Dafür setzt sich die Wolfsburger Abgeordnete und innenpolitische Sprecherin der CDU, Angelika Jahns, ein. Sie fordert, dass in Fällen von Terrorismusverdacht die Behörden in der Lage sein müssen, ihre Daten untereinander auszutauschen. „Wenn es rechtliche Hürden gibt, dann müssen die Gesetze geändert werden.“