Braunschweig. Der Politologe Ulrich Menzel warnt nach dem Berliner Anschlag vor schärferen Gesetzen.

Der Ruf nach mehr Videoüberwachung als Folge des Terroranschlags in Berlin stößt auf Widerstand. Juristen und Datenschützer äußerten sich kritisch. Auch Professor Ulrich Menzel, langjähriger Leiter des Instituts für Sozialwissenschaften an der TU Braunschweig, sagte: „Eine verschärfte Überwachung wird Attentäter nicht abhalten. Im Gegenteil: Die Dokumentation der Anschläge per Video könnte die Täter sogar motivieren.“ Schließlich würden diese wollen, dass Anschläge für eine breite Öffentlichkeit sichtbar werden.

Befürworter einer stärkeren Überwachung in Deutschland sehen sich durch den Anschlag hingegen bestätigt. Die CSU fordert laut „Süddeutscher Zeitung“ zudem deutlich mehr Befugnisse für Polizei und Verfassungsschutz sowie eine verschärfte Abschiebepraxis. SPD-Vize Ralf Stegner forderte in der Zeitung „Die Welt“ eine Abschiebehaft für sogenannte Gefährder, deren Asylantrag abgelehnt wurde.

„Behörden, der Bundespolizei und den Gerichten fehlen die personellen Kapazitäten.“
„Behörden, der Bundespolizei und den Gerichten fehlen die personellen Kapazitäten.“ © Professor Ulrich Menzel, langjähriger Leiter des Instituts für Sozialwissenschaften an der TU Braunschweig

Doch hilft das gegen Terror? Der Politologe Menzel sagt „Nein“. Zwar würden Politiker aus der Großen Koalition im Bund und auch aus den Ländern auf eine gewandelte Akzeptanz stoßen. Eine verschärfte Abschiebepraxis hätte jedoch nur symbolische Bedeutung. „Faktisch ist sie schwer umzusetzen, das hat das Beispiel der 50 Afghanen im Dezember gezeigt. Die Herkunftsländer müssen mitspielen. Das hat Tunesien im Falle des Attentäters von Berlin aber nicht gemacht.“ Wenn Asylbewerber abgeschoben werden sollen, würden einige von ihnen abtauchen. Andere hätten gar keine Papiere. Ihr Herkunftsland sei daher nicht bekannt. Und: „Behörden, der Bundespolizei und den Gerichten fehlen die Kapazitäten.“

Laut Menzel, dem Polit-„Orakel“ unserer Zeitung, werden die Terroranschläge im kommenden Jahr in Europa wohl nicht abreißen. „Sie sind nun auch im Herzen Deutschlands angekommen.“