Berlin. Mehr als eine Million Flüchtlinge seien 2015 nach Deutschland gekommen, hieß es lange. Dabei war immer klar, dass die Angaben ungenau sind. Jetzt legt der Innenminister die “bereinigte“ Zahl vor. Sie stellt trotzdem einen Rekordwert dar.

Statt der bislang kalkulierten 1,1 Millionen sind im vergangenen Jahr tatsächlich rund 890 000 Asylsuchende nach Deutschland gekommen. Das gab Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Berlin bekannt.

Der CDU-Politiker hatte in den vergangenen Monaten wiederholt betont, die bisher bekannten Zahlen seien wegen Mehrfachregistrierungen und unerfasster Weiterreisen oder Rückreisen zu hoch gegriffen. In diesem Jahr kamen seinen Angaben zufolge bislang rund 210 000 Schutzsuchende ins Land. Auch diese Zahl war bislang höher veranschlagt worden.

Bei ihrer Ankunft in Deutschland werden Schutzsuchende im sogenannten EASY-System erfasst - einem IT-System zur "Erstverteilung von Asylbegehrenden". 2015 wurden in diesem EASY-System bundesweit rund 1,1 Millionen Menschen als asylsuchend registriert.

Die Bundesregierung betonte jedoch schon im vergangenen Jahr, bei diesen EASY-Zahlen seien "Fehl- und Doppelerfassungen" nicht ausgeschlossen - unter anderem wegen der damals oft noch fehlenden erkennungsdienstlichen Behandlung von Flüchtlingen.

"Die Zahl von 890 000 Asylsuchenden ist also tatsächlich deutlich niedriger als die Zahl von 1,1 Millionen, die bislang im Umlauf war", sagte de Maizière. Die neue Zahl sei "dennoch sehr hoch". Es ist nach wie vor der höchste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Anfang September 2015 - angesichts chaotischer Zustände entlang der Balkanroute - entschieden, ohne strenge Kontrollen in großer Zahl Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen. Der schon vorher rasant gestiegene Zuzug von Schutzsuchenden aus Krisen- und Kriegsgebieten nahm danach noch einmal enorm zu.

Die Entscheidung und der weitere Kurs führten zu schweren Verwerfungen zwischen CDU und CSU. Die Schwesterpartei kritisiert Merkels Flüchtlingspolitik seit Monaten scharf und fordert eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr.

Auch wenn die Flüchtlingszahlen in den vergangenen Monaten - seit der Schließung der Balkanroute - dramatisch gesunken sind, ist die Zahl von 200 000 Asylsuchenden im laufenden Jahr bereits überschritten. Im EASY-System wurden allein von Anfang Januar bis August mehr als 250 000 Menschen als asylsuchend erfasst. Aber auch hier ergibt sich laut Innenressort angesichts der "bereinigten" Zahlen nun ein niedrigerer Wert: Bis zum 21. September wurden rund 210 000 Flüchtlinge registriert.

De Maizière sagte, durch die Verstärkung der obersten Asyl-Behörde, durch Grenzkontrollen und die Einrichtung eines einheitlichen Datensystems bei der Flüchtlingsregistrierung habe man viel erreicht, um wieder für Ordnung zu sorgen. "Wir sind uns aber genauso einig, dass sich diese Lage im letzten Herbst nicht mehr wiederholen darf."