Berlin. Nach Krawallen von Hooligans in Köln lautet die Frage, wie solche Vorfälle künftig verhindert werden können.

Unser Leser Michael Lotsch aus Salzgitter fragt:

Wenn von vornherein der Zweck einer Demonstration nicht die Wahrnehmung eines Grundrechtes ist und das auch jeder weiß, dann frage ich mich, wieso man solch Veranstaltungen überhaupt genehmigt.

Fußballfans

Die Antwort recherchierte Miguel Sanches

Diese Frage haben sich Polizisten allzu oft gestellt. Letztlich gehört es zu ihrem Auftrag, die Versammlungsfreiheit zu schützen, erinnerte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow. Aus diesem Dilemma, ein Gut zu schützen, das offenkundig missbraucht wird, können sie nur die Verwaltungsbehörden befreien: indem sie eine Demonstration verbieten. Die Entscheidung muss dann aber auch Bestand haben vor einem Gericht, in letzter Instanz auch vor dem Verfassungsgericht.

In ihren ersten Reaktionen auf die Ausschreitungen in Köln haben die Regierungsparteien Union und SPD überwiegend davon abgesehen, die Gesetze zu verschärfen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte warum: „Wenn von vornherein klar ist, dass hier Gewaltanwendung im Mittelpunkt steht und die Politik nur ein Vehikel ist, um eine Massenschlägerei anzuzetteln, das übrigens mit Alkohol verbunden, dann sehe ich gute Chancen, dass die Verwaltungsbehörde ein Verbot ausspricht und dass das auch vor Gericht hält.“ Nötig sei jetzt „eine klare Justiz“. Im Klartext: schnelle Urteile, klare Signale. So dass von vornherein klarwerde, „das werden wir nicht dulden“, erläutert der Minister.

Über Köln sagt Malchow: „Ich glaube nicht, dass es eine singuläre Veranstaltung war.“ Und tatsächlich kommt de Maizières Probe auf Exempel früher, als er es vielleicht selber gedacht hat. Gestern wurde bekannt, dass die Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ für den 15. November zwei Demonstrationen in Berlin und Hamburg plant. Im Internet wird schon dafür getrommelt. Die Kundgebung in Berlin wurde sogar schon angemeldet. Gerüchteweise wollen die Hooligans sich auch an einer weiteren Demonstration am 9. November in Berlin beteiligen. Der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) kündigte bereits an, die Berliner Verwaltungsbehörde werde „intensiv prüfen, ob ein Verbot mit den äußerst beschränkten Möglichkeiten des Versammlungsrechts möglich ist“. Wozu Henkel trotz aller juristischen Risiken tendiert, ist eindeutig: Der größere Schaden wäre für ihn, „gewaltbereiten Gruppierungen die Straße zu überlassen“.

Schwieriger ist es, eine Kundgebung zu verbieten, die wirklich politisch angelegt ist, zum Beispiel von Links- oder Rechtsextremisten. Und eine besondere Brisanz droht gar, wenn ethnische Gruppen aufeinandertreffen: Salafisten gegen Kurden. „Der Konflikt in Syrien und dem Irak spiegelt sich auch in Deutschland wider“, warnte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen. Es gebe Anlass zur Sorge, „dass sich die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Extremisten auf unseren Straßen weiter aufschaukeln“. Beide Gruppen rekrutieren in Deutschland Kämpfer, wobei die Salafisten aktuell verstärkt Zulauf von Tschetschenen haben, die als besonders gewaltbereit gelten. Die Zahl der Salafisten steigt seit Jahren an, von 3800 im Jahr 2011 auf nunmehr 6700.

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