Berlin. Die AfD möchte nach der Wahl in Sachsen endlich ernstgenommen werden. Die CDU in Sachsen will nicht mit den Eurokritikern koalieren.

Sachsen

Der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD) ist triumphal der Einzug in den sächsischen Landtag gelungen, doch am Tag danach ist Spitzenkandidatin Frauke Petry trotzdem sauer. Mit „fadenscheinigen Argumenten“ stelle die CDU die AfD in die Ecke, empörte sich die 39-jährige Chemikerin gestern. CDU-Chefin Angela Merkel müsse die AfD „endlich ernst nehmen“, dürfe den inhaltlichen Diskurs nicht weiter verweigern.

Selbstbewusst hatte die AfD-Spitzenfrau gehofft, in Sachsen werde CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich auch der neuen Konkurrenz gleich Gespräche über eine Regierungsbeteiligung anbieten. Schließlich sieht Petry ihre Truppe „leicht rechts von der CDU“. Doch Tillich sagte ab, er wird jetzt nur mit Grünen und SPD eine Koalition sondieren.

Wenn die AfD, wie vermutet, in zwei Wochen auch in die Landtage von Thüringen und Brandenburg einzieht, erwartet sie dort auch eine Absage: Die beiden CDU-Spitzenkandidaten Christine Lieberknecht und Michael Schierack schlossen Koalitionen mit der AfD gestern erneut klar aus.

Vorerst keine Bündnisse mit den Eurokritikern – da herrscht in der CDU-Spitze noch Einigkeit. Über den weiteren Umgang mit der AfD allerdings wird dort schon heftig gestritten. Ignorieren, Angreifen, Umarmen? Noch ist nicht nur für die CDU unklar, ob sich die AfD überhaupt dauerhaft etabliert im Parteiensystem oder ob sie rasch untergeht wie die Piratenpartei.

Ein Selbstläufer, so viel scheint klar, ist der Aufstieg nicht. In Sachsen hatte die AfD eine besonders gute Ausgangslage, hier ist ihre Hochburg: Das relativ große rechtskonservative Wählermilieu hatte der AfD schon bei der Europawahl (10,1 Prozent) und der Bundestagswahl (6,8 Prozent) ihr jeweils bestes Ergebnis beschert. Tief ins bürgerliche Wählerlager ist die AfD dabei eingedrungen: Am Sonntag stammte ein Viertel ihrer Stimmen von der CDU, kräftig zum Erfolg trugen auch frühere Wähler der FDP bei, allerdings auch die der Linken und der NPD – und ehemalige Nichtwähler. Die Vermutung, die AfD profitiere vor allem von der NPD, ist also falsch. Doch Landeschefin Petry, die eine „rechte demokratische Politik“ postuliert, hat durchaus mit rechtspopulistischen Parolen gespielt, auf Themen wie Grenzkriminalität, Asylpolitik oder den Streit um Moscheebauten gesetzt. Auf ähnlicher Wellenlänge bewegen sich die Wahlkämpfer in Thüringen, wo Spitzenkandidat Bernd Höcke eine „konservativ-patriotische Politik“ angekündigt, und etwas moderater in Brandenburg.

Rechts von der Union, sind Wahlforscher sicher, ist am ehesten Potenzial. „Die AfD ist fremdenfeindlich – da braut sich eine ziemlich rechte Suppe zusammen“, warnt SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi schon.

Aber so klar ist der Kurs nicht, programmatisch hat die mit Euro-Kritik gestartete Partei viele Leerstellen – Parteichef Bernd Lucke, steht eher für einen wirtschaftsliberalen Kurs. Hinter den Kulissen wird heftig gerangelt, in den Landesverbänden geht es unruhig zu. Petry etwa hat schon mal einen früheren AfD-Vorstand wegen Verleumdung angezeigt. Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer meint deshalb, die AfD sei eine „Modepartei“, die sich rasch wieder zerlegen werde: „Sie wird den Praxistest nicht bestehen.“ Merkel erklärte gestern, der Wahlerfolg der AfD sei „ein großes Stück Protest“. Den müsse die CDU auflösen, indem sie die Probleme löse, die die Bürger bewegten – in Sachsen etwa die Grenzkriminalität. Ansonsten setzt Merkel aber offenbar weiter darauf, die AfD mit ihrem unerfahrenen Personal einfach zu ignorieren.