Gelsenkirchen. 75 000 Beschäftigte in der nordwestdeutschen Stahlindustrie erhalten in den ersten zehn Monaten 2,3 Prozent mehr.

Die 75 000 Stahlarbeiter in Niedersachsen, Bremen und Nordrhein-Westfalen erhalten ab dem 1. Juli 2,3 Prozent mehr Lohn. Weitere 1,7 Prozent gibt es ab dem 1. Mai 2015. Alle Auszubildenden bekommen derweil 36 Euro mehr im Monat. Darauf haben sich die IG Metall und die Arbeitgeberseite in den Tarifverhandlungen am frühen Dienstagmorgen verständigt.

„Wir wollten mehr Geld. Mit der zweistufigen Erhöhung ist uns das deutlich gelungen“, bewertete der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Knut Giesler, das Ergebnis. Ursprünglich hatte die IG Metall fünf Prozent mehr Lohn gefordert. Arbeitgeber-Verhandlungsführer Helmut Koch sprach dagegen von einem „Kompromiss am Rande dessen, was wir verkraften können“. Die Salzgitter AG äußerte sich auf Nachfrage nicht näher zum Tarifabschluss.

In Zahlen bedeutet der Kompromiss etwa: Ein Stahlarbeiter mit einem Bruttolohn von 3000 Euro im Monat erhält im ersten Schritt 69 Euro zusätzlich. Im Mai 2015 kommen weitere 52,17 Euro hinzu, so dass das Lohnplus insgesamt 121,17 Euro beträgt.

Während des 14-stündigen Verhandlungsmarathons hatten sich vor allem die Regeln zur Altersteilzeit und Werkverträgen als Knackpunkt erwiesen. Hier habe es erhebliche Differenzen gegeben, hieß es von Arbeitnehmerseite gegenüber unserer Zeitung.

Nun sollen die Ansprüche der Beschäftigten aus dem Tarifvertrag zur Altersteilzeit auch nach der Einführung der Rente mit 63 und 45 Beitragsjahren erhalten bleiben. Wer bereits in Altersteilzeit sei, der behalte seinen Anspruch auf eine Nettoentgeltabsicherung in Höhe von 85 Prozent, teilte die IG Metall mit.

Von diesem Kompromiss dürfte auch eine Signalwirkung ausgehen. „Auf jeden Fall wird das Thema Altersteilzeit auch in der Metall, Elektro- und allen anderen Tarifrunden eine zentrale Rolle spielen“, sagte Giesler vor wenigen Tagen in einem Interview mit unserer Zeitung. Das Ergebnis könne dafür relevant werden.

Weiter konnte die IG Metall erreichen, dass Auszubildende bis zum 31. Januar 2018 unbefristet übernommen werden. Die alte Regelung wäre 2016 ausgelaufen. Zum Schutz der Beschäftigten von Werkvertragsunternehmen vereinbarten die Verhandlungsseiten zudem Standards zur Einhaltung von Tarifverträgen, Sicherheitseinweisungen und Arbeitszeiten. Soll künftig also die Arbeit an eine Fremdfirma vergeben werden, ist nach dem Prinzip „Eigen vor Fremd“ zu prüfen, ob die Arbeit nicht besser von eigenen Leuten erledigt werden kann.

Bei Verstößen gegen die Arbeitszeit-Vorschriften und Sicherheitseinweisungen, können die Betroffenen eine Beschwerdestelle anrufen. Der Betriebsrat kann zudem Transparenz über die Werkverträge verlangen. „Der Einstieg ist geschafft, der Praxistest muss folgen“, kommentierte Giesler den Kompromiss zu Werkverträgen.

Heute will die IG Metall die Tarifkommission über den Verhandlungsstand informieren. In den kommenden Tagen sollen die Ergebnisse in den Betrieben diskutiert werden. Die Entscheidung, ob die Ergebnisse tatsächlich angenommen werden, könnte dann in der kommenden Woche erfolgen.