Berlin. In mehreren Landesverbänden der Piratenpartei zeichnet sich ein Schwund zahlender Mitglieder ab. Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa unter den Verbänden schlagen sich die Querelen in der Bundesspitze teilweise auch auf die Zahlungsmoral der stimmberechtigten Mitglieder nieder.

«Die Tendenz ist klar», hieß es am Sonntag aus Kreisen der süddeutschen Landesverbände. Schon im vergangen Jahr entrichteten laut Parteiangaben nur rund zwei Drittel regelmäßig ihren Obolus. Nur zahlende Mitglieder sind stimmberechtigt. Im Frühjahr hatte ein Bundesparteitag den Beitrag von 36 auf 48 Euro erhöht.

Allein in Baden-Württemberg waren nach Verschickung der Zahlungsaufforderung Ende 2012 rund 500 Mitglieder aus der jungen Partei ausgetreten. Hier seien aber auch «Karteileichen» dabei gewesen, sagte Landesgeschäftsführer Martin Lange. Die Piraten in Hamburg müssen den Verlust von 100 Mitgliedern verkraften. «Das liegt auch daran, dass im Januar die Mitgliedsbeiträge fällig waren», sagte der Landesvorsitzende Thomas Michel. Auch der Vorsitzende des NRW-Landesverbandes, Sven Sladek, bestätigt einen leicht rückläufigen Trend bei den Mitgliederzahlen. «Da bewegen wir uns im einstelligen Prozentbereich. Das beunruhigt mich nicht.»

Die Bundespartei bestritt am Sonntag, dass sich aus den ins Internet gestellten Mitgliederzahlen ein Trend zum Rückgang ablesen lasse. Nach dieser Statistik wäre die Zahl der zahlenden Mitglieder von 60 Prozent Ende 2011 auf etwa ein Drittel Anfang 2013 gefallen. Es handele sich jedoch nur um Arbeitsstände der Landesverbände, aus denen sich nicht schließen lasse, wie viele Mitglieder aktuell ihre Beiträge bezahlt hätten und damit stimmberechtigt seien, sagte Bundesschatzmeisterin Swanhild Goetze der dpa.

Die Zahlen gäben lediglich wieder, wie viele der bezahlten Beiträge von den Landesschatzmeistern bereits in der zentralen Software gebucht seien. Am Sonntag veröffentlichte die Partei über der Übersicht einen entsprechenden Hinweis.

«Unser Wiki ist intern», sagte Goetze über das frei einsehbare Dokument. Die im Internet verfügbaren Zahlen seien nicht zur Veröffentlichung bestimmt. «Das sind keinesfalls die aktuell stimmberechtigten Mitglieder und aktuelle Daten, wer bezahlt hat.» Die aktuellen Zahlen würden erst im Mai vorgelegt.

Zuletzt war die junge Partei immer mehr in die Krise gerutscht. Im Bundesvorstand gibt es Dauerstreit, und die Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg und Brandenburg traten aus Frust zurück. Trotz sinkender Umfragewerte und jüngster Wahlniederlagen gehen laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa die meisten Landesverbände davon aus, dass die Piraten im Herbst den Bundestag entern.

Der größte Landesverband in BAYERN hat 6835 Mitglieder - zahlende und nicht zahlende. Das waren 2500 mehr als Ende 2011. Sie wollen trotz der Krise im Bund die Hoffnung auf einen Einzug in den bayerischen Landtag im Herbst nicht aufgeben. «Ich denke, dass wir nach wie vor sehr gute Chancen haben», sagte der bayerische Landesvorsitzende Stefan Körner.

Die Piraten in BADEN-WÜRTTEMBERG konnten bislang noch keine nennenswerte politische Duftmarke setzen. Bei den vergangen Landtags- und Bundestagswahlen kamen sie gerade mal auf zwei Prozent. Nach dem spektakulären Rücktritt ihres Vorsitzenden Lars Pallasch hat der Frust einen neuen Höhepunkt erreicht. Geschäftsführer Lange hofft auf einen Aufbruch beim Parteitag am 9. März. Allerdings sei ein tiefer Pessimismus zu spüren. «Und Pessimismus lässt sich nur schwer aufbrechen.»

Von den Piraten in NIEDERSACHSEN werden die Personalquerelen gelassen gesehen. «Das ist keine Debatte, die bei uns auf Landesebene keine Rolle spielt, sondern die bundesweit diskutiert wird», sagte Landeschef Kevin Price. Auch vier Wochen nach der Niederlage bei der Landtagswahl mit 2,1 Prozent sei die Mitgliederzahl nach wie vor konstant bei knapp 2900. Bisher hätten 869 der rund 2900 den kompletten Jahresbeitrag für 2013 gezahlt, sagte er.

Die Piratenpartei in HESSEN verliert wegen des Gezerres im Bund Mitglieder. «Viele Menschen sagen: "Nee, es passt einfach nicht"», sagt Sprecher Christian Hufgard. Die Mitgliederzahl ist um 70 auf etwa 1980 gesunken. Die Stimmung im Verband sei aber nicht gedrückt. Die Nachbarn in RHEINLAND-PFALZ müssen sinkende Mitgliederzahlen hinnehmen - derzeit sind es 1120.

In BERLIN sitzt die junge Partei im Abgeordnetenhaus und hat immerhin den drittgrößten Landesverband. Der Vorsitzende in SACHSEN, Florian André Unterburger, sieht seine Partei nur in einem «Zwischentief». «Das ist eine Phase, die wir definitiv bis zur Bundestagswahl hinter uns gelassen haben.» Der Trend mit etwa 900 Piraten in Sachsen sei leicht positiv.

In NORDRHEIN-WESTFALEN haben die Piraten nach eigenen Angaben rund 6250 Mitglieder. Im Vergleich zu ihrem Höchststand im vergangen Sommer - kurz nach ihrem erstmaligen Einzug in den Düsseldorfer Landtag - ist das ein Rückgang um etwa zwei Prozent.

Im Küstenland MECKLENBURG-VORPOMMERN segeln die Piraten bislang nur in politischen Nebengewässern. Parteichef Michael Rudolph beziffert die Mitgliederzahl auf rund 500. In SCHLESWIG-HOLSTEIN sank die Zahl der Mitglieder im Herbst von 1100 auf rund 1050. In Kiel sitzen die Piraten seit dem Frühjahr im Landtag. Fraktionschef Patrick Breyer warnt den Bundesvorstand: «Der Streit verdrängt die Wahrnehmung unserer inhaltlichen Arbeit.» Zu den Wahlaussichten im Bund sagt er: «Wir haben eine reelle Chance, den Bundestag zu entern.»

THÜRINGENS Landeschef Gerald Albe ist eher besorgt: «Ich bin mir nicht sicher, ob wir das bis zu den Bundestagswahlen wieder gut machen können.» Der Hype sei erst einmal vorbei. «Dass das passiert, war zwar zu erwarten, aber dass es gleich so weit nach unten ging, schmerzt schon.» Auch in Thüringen gibt es Austritte. Derzeit zählt der Landesverband rund 660 Mitglieder. Die Partei in SACHSEN-ANHALT hat seit November 42 Mitglieder verloren und liegt jetzt bei 645.

Die sinkenden Umfrage-Ergebnisse drückten in Hamburg nicht auf die Stimmung, da die früheren 13 Prozent eh als unrealistisch angesehen worden seien, sagte Landeschef Michel. «Was uns ankotzt ist die allgemeine Berichterstattung.» Diese umfasse nur einen kleinen Personenkreis von 20 Leuten, was nicht die Lage der Partei widerspiegele. Der Landeschef im SAARLAND Jan Niklas Fingerle fordert eine «Themenorientierung». Dann könne es bei der Bundestagswahl im September durchaus noch klappen. (dpa)

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