Debatte des Tages. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) rechtfertigt die Anschaffung unbemannter Kampfflugzeuge. Sie sollen bis 2016 einsatzbereit sein.

Mindestens zweimal schon hat die Bundeswehr in Afghanistan auf den Einsatz bewaffneter Kampfdrohnen zurückgegriffen: Nach Informationen unserer Zeitung feuerte eine US-Drohne auf Anforderung der Bundeswehr im November 2010 auf eine Gruppe Aufständischer, die an einer Versorgungsstraße im Distrikt Chahar Darrah gerade eine behelfsmäßige Sprengfalle anbrachte. Vier Aufständische starben. 14 Monate zuvor zerstörte in derselben Region eine US-Drohne eine weitere Sprengfalle, deren Aufbau von deutschen Soldaten über Luftaufklärung beobachtet worden war; Personen kamen offenbar nicht zu Schaden.

In beiden Fällen hatte die Bundeswehr für den Einsatz aus der Luft die Unterstützung der US-Armee erbitten müssen, deren „Predator“-Drohnen Präzisionsbomben und Luft-Boden-Raketen tragen.

Doch damit soll jetzt Schluss sein: Die Bundesregierung plant nach den Erfahrungen vor allem in Afghanistan die Beschaffung eigener bewaffneter Drohnen, die spätestens 2016 einsatzbereit sein sollen – bislang verfügt die Bundeswehr nur über unbewaffnete Aufklärungs-Flugkörper, 60 davon im Auslandseinsatz vor allem in Afghanistan. Schon Mitte des Jahres soll die Entscheidung fallen. Die bisherige Einsatzerfahrung habe gezeigt, dass unbemannte Aufklärungsflugzeuge mit Waffen zum Schutz der Soldaten „unbedingt erforderlich“ seien, erläutert die Bundesregierung.

Die Debatte ist heikel, das Verteidigungsministerium hat den Protest etwa von Kirchen und Friedensorganisationen schon einkalkuliert. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin beklagte gestern einen „blinden, verantwortungslosen Umgang mit militärtechnologischem Fortschritt“, die Linke sprach von einem „brutalen Waffensystem“.

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) versichert indes, die Bundeswehr werde Drohnen stets nur im Rahmen des jeweiligen Bundeswehr-Mandats verwenden. Auch bewaffnete Drohnen seien, sagt der Minister, „ethisch neutral“: Alle wesentlichen Entscheidungen bei einem Angriff würden weiter von Menschen getroffen.

Nach internen Regierungsinformationen verfügt die Truppe über etwa 350 unbemannte Fluggeräte, darunter aber vor allem Minidrohnen zur Nahbereichsaufklärung vom Typ „Mikado“ und die Kleindrohne „Aladin“. Für Afghanistan hat die Bundeswehr bis 2014 deshalb zusätzlich israelische „Heron“-Aufklärungsdrohnen geleast, die jede immerhin über tausend Kilo wiegt. Doch alle Geräte sind unbewaffnet und dienen nur der Erkundung aus der Luft.

Die Luftwaffe verlangt bereits vehement die neue Aufrüstung: „Drohnen müssen bewaffnet sein“, fordert Luftwaffen-Inspekteur Karl Müllner. Die deutsche Industrie hat nichts Passendes im Angebot: Erwogen wird in Berlin daher die Anschaffung von amerikanischen „Predator“-Fluggeräten oder eines ebenfalls bewaffneten „Heron“-Nachfolge-Modells aus Israel.