Berlin. Der frühere Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat eine Mitverantwortung für die Pannen bei den Ermittlungen zur rechtsextremen NSU-Mordserie von sich gewiesen.

«Ich kann nichts erkennen, was mich in irgendeiner Weise belasten würde», sagte der heutige Finanzminister am Freitag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Berlin. Die Zusammenlegung von Links- und Rechtsterrorismus bei Verfassungsschutz sei richtig gewesen. Die Vor- und Nachteile seien gründlich abgewogen worden.

Schäuble war von 2005 bis 2009 Bundesinnenminister. In dieser Zeit tappten die Ermittler mit ihren Untersuchungen zur Terrorzelle NSU noch im Dunkeln. Strittig etwa ist in der Aufarbeitung der Terrorserie nach wie vor, warum die Ermittlungen einer Mordserie mit ein und derselben Tatwaffe nicht beim Bundeskriminalamt gebündelt worden war. Ansätze dazu hatte es 2006 gegeben.

In der Anhörung lieferte Schäuble sich einen Schlagabtausch mit dem Ausschussvorsitzenden Sebastian Edathy (SPD). Edathy hakte nach, ob Schäuble zu verantworten habe, dass die Ermittlungen nicht beim BKA landeten. «Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir so ein Vorschlag gemacht worden wäre», antwortete Schäuble. Er hätte den Vorschlag abgelehnt, wenn er ihm gemacht worden wäre, fügte er an.

Er habe sich nicht als oberster Polizist des Landes verstanden, sagte Schäuble in seinem Eingangsstatement. SPD-Ausschussmitglied Eva Högl bohrte im Verlauf der Sitzung immer wieder nach, warum er nicht stärker in die Ermittlungen eingegriffen habe. Ein Minister greife in der Regel nicht in einzelne Entscheidungen ein, sondern übernehme Führungsaufgaben, entgegnete der CDU-Politiker.

«Ich habe ein generelles Vertrauen in die Polizeibehörden der Länder und des Bundes, und ein generelles Misstrauen, dass ich es besser könnte», sagte Schäuble. Mit den schrecklichen Morden sei er in seinem Amt nur am Rand befasst gewesen. Erfahren habe er davon erstmals aus der Zeitung.

Rückendeckung bekam Schäuble von Unions-Obmann Clemens Binninger (CDU). Nach Erkenntnissen aus den Akten hätte auch das BKA nach einer Übernahme der Ermittlungen nicht in Richtung Rechtsextremismus ermittelt. Stoßrichtung wäre dann vielmehr die organisierte Kriminalität gewesen. «Man hätte also zwar die Pferde im Galopp gewechselt, man wäre aber weiter in die falsche Richtung geritten», sagte Binninger.

Der Ausschuss befasst sich seit Jahresbeginn mit den Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und den Ermittlungspannen bei deren Aufdeckung. Der Terrorzelle werden zehn Morde zwischen den Jahren 2000 und 2007 an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin zur Last gelegt. Die Bande flog erst im November 2011 auf. Die Sicherheitsbehörden waren ihr jahrelang nicht auf die Spur gekommen. (dpa)

Neonazi-Untersuchungsausschuss