“Wer durch einen Tippfehler auf einer kinderpornografischen Seite landet, ist sofort verdächtig“
BRAUNSCHWEIG. Kann ein virtuelles Stoppschild die massenhafte Verbreitung von Kinderpornografie im Internet verhindern? Ja, sagt EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström und will alle Mitgliedsstaaten zur Blockade verpflichten.
Nein, sagt Datenschützer Professor Ulrich Klages von der Ostfalia-Hochschule in Wolfenbüttel und erklärt auch gleich warum. "Ein einfacher Nutzer wird an dem Stopp-Schild scheitern. Ein versierter Nutzer allerdings weiß ganz genau, wie er die Blockade umgehen kann."
Und das geht, vereinfacht gesagt, so: Ein Internet-Nutzer kann entweder eine "www"-Adresse eingeben, um eine Seite aufzurufen, oder eine entsprechende IP-Adresse, die aus einer längeren Zahlenfolge besteht.
Der Rechner sendet diese Zahlenfolge wiederum an einen anderen Rechner – die gewünschte Internetseite erscheint. Auf diesem Weg kann das Bundeskriminalamt in Deutschland aber eben auch gezielt Seiten mit kinderpornografischem Inhalt blockieren – indem sie die entsprechenden Zahlenfolgen in den Vermittlungsrechnern der Internetprovider sperren lässt.
"Das Schlupfloch sind jedoch ausländische Vermittlungsserver", erklärt Datenschützer Klages. In Ländern, in denen die staatliche Gewalt nicht funktioniere, könnten Internet-Nutzer weiter auf kinderpornografische Inhalte zugreifen, weil die Strafverfolgung schwierig sei.
Weiteres Problem: "Wer durch einen Tippfehler auf einer einschlägigen Seite landet, wird von dem Server, der das Stopp-Schild anbietet, registriert und ist sofort verdächtig", warnt Klages. Nur eine Löschung der Seiten könnte tatsächlich helfen.
Und das will eben auch die Bundesregierung. "Ich glaube, dass man mit weitergehenden Regelungen das EU-Recht automatisch erfüllt", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin.
Die Regierung hatte auf Wunsch der FDP die Umsetzung eines solchen Gesetzes zu Internetsperren ausgesetzt und bereitet eine Regelung vor, die das Löschen von Seiten legalisieren würde.