Berlin. Bisher gibt es keine konkreten Hinweise auf Terroranschläge oder Hackerangriffe. Sicherheitsexperten geben aber keine Entwarnung.

Es gibt keine Hinweise auf Angriffe auf die Bundestagswahl, keine Warnsignale. Die Gefährdungsbewertung des Bundeskriminalamts (BKA) fällt für diese Woche unauffällig aus. In Sicherheitskreisen heißt es, die Zahl der Attacken im Netz etwa sei zuletzt sogar leicht zurückgegangen. Trotzdem sehen Sicherheitsexperten wie der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer „noch keinen Anlass zur Entwarnung“. Für Mayers Vorsicht gibt es Gründe.

In Frankreich wurden bei den Präsidentschaftswahlen das Hauptquartier des Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron gehackt und Informationen öffentlich gemacht. Für Angreifer ist dieser Sonntag nun der Tag in Deutschland, an dem sie maximale Verwirrung stiften könnten, beispielsweise mit Falschnachrichten über die Öffnungszeiten der Wahllokale, im schlimmsten Fall mit Anschlägen.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen etwa wird am Sonntag entlang der Wahllokale vermehrt Streife gefahren. Und bei der Bereitschaftspolizei stehen Reservekräfte „stand-by“. Hinweise auf Gewalttaten etwa durch Extremisten gibt es derzeit jedoch weder bei der Polizei noch beim Verfassungsschutz. Nur Szenarien sind vorstellbar: etwa dass rechtsextreme Randalierer Wahllokale stürmen, weil sie die Bundesrepublik ablehnen. Bisher ist das allerdings nicht vorgekommen. Eher möglich – und in der Vergangenheit mehrfach passiert: Linksautonome könnten die Wahlpartys der AfD stören oder Gewaltaktionen starten, etwa Sachbeschädigung durch Farbbeutelwürfe. Hinweise darauf liegen aber nicht vor.

Gleiches gilt für Angriffe durch Terroristen. Zudem griffen etwa Islamisten zuletzt eher „weiche“ und nicht so sehr „politische“ Ziele, zum Beispiel ein Konzert wie im Sommer in England, an. Die Opfer sind nicht Staatschefs oder andere berühmte Persönlichkeiten – sondern etwa Konzertbesucher. So kommt die größte Gefahr für die Sicherheit bei der Wahl am Sonntag aus dem Internet: Der Bundestag ist schon 2015 und 2016 Opfer von Cyberattacken geworden. Fakt ist, dass damals Informationen abgeflossen sind, etliche Gigabyte, die bisher nicht veröffentlicht wurden. Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz weiß, dass eine Reihe von Internetseiten unter der Adresse „BT-Leaks“ bereits reserviert worden sind. Irgendjemand könnte sich also bereits mögliche Kanäle gesichert haben, um interne Dokumente zu veröffentlichen.

Der politisch größte anzunehmende Unfall wäre eine Manipulation des Wahlergebnisses. Die Wahlsoftware gilt als angreifbar. Die Wähler kreuzen mit dem Kugelschreiber ihre Partei oder Kandidaten an, und in den etwa 70 000 Wahllokalen werden die Stimmen anschließend von Hand ausgezählt und die Ergebnisse auf Papier notiert. Aber: Die Daten werden anschließend elektronisch weitergeleitet. Dabei nutzen die Kommunen unterschiedliche Software. Lizenzen für diese Programme sind stark limitiert, um zu verhindern, dass Hacker etwa an den Quellcode der Software kommen und mögliche Sicherheitslücken ausfindig machen. Und doch sind Teile einer weit verbreiteten Wahlsoftware, etwa nach Berichten der „Zeit“, online zu finden.

Bundesbehörden simulieren Hackerangriffe auf Parteien

Zum Schutz vor Cyberattacken haben sich die Wahlleiter alternativ auf „Meldeketten“ verständigt, um die Ergebnisse persönlich – per Telefon – zu übermitteln. Bisher ist die Lage ruhig. Dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sind innerhalb der vergangenen drei Monate keine Cyberangriffe auf deutsche Parteien oder Politiker bekannt. Mit einer Ausnahme: eine Hackerattacke auf die Homepage der Mainzer CDU-Oppositionschefin Julia Klöckner. Auch dieser Angriff blieb folgenlos.

In neun Fällen hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in Zusammenarbeit mit Parteien Hackerangriffe simuliert, um IT-Technik sichern zu können. Den Bundestagskandidierenden habe man einen „digitalen Persönlichkeitsschutz“ angeboten. Dieser beinhalte etwa eine Prüfung von Profilen bei Facebook und Twitter. Bislang wurden knapp 750 Anträge durch Politiker bearbeitet.